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Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

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Betriebsratswahlen: Änderungen der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz

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Im Juni 2021 wurde das Betriebsverfassungsgesetz durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz geändert. Unser Kollege Thomas Wahlig berichtete hierzu bereits im April 2021: https://pwwl.de/thomas-wahlig-zum-betriebsraetemodernisierungsgesetz/

Am 15. Oktober 2021 und somit rechtzeitig vor den im Frühjahr anstehenden turnusmäßigen Betriebsratswahlen ist zudem eine neue Wahlordnung für die Wahl des Betriebsrats in Kraft getreten.

Ziel der Änderung der Wahlordnung ist es, diese an die bereits durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz erfolgten Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes anzupassen und darüber hinaus die Möglichkeit der digitalen Sitzung für Wahlvorstände zu schaffen, die Beteiligung an Betriebsratswahlen zu erhöhen, Kosten und Verbrauch natürlicher Ressourcen durch die Betriebsratswahl zu senken und Rechtsunsicherheiten auszuräumen.

Besonders hervorzuheben sind neben der Anpassung an das geänderte Betriebsverfassungsgesetz folgende weitere Regelungen

  • Virtuelle Sitzungen des Wahlvorstands

Auch wenn weiterhin die Regel ist, dass Sitzungen des Wahlvorstands als Präsenzsitzungen stattfinden, räumt die neue Wahlordnung nunmehr dem Wahlvorstand die Möglichkeit ein, zu beschließen, dass die Teilnahme an einer nicht öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands oder deren Durchführung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen kann. Der Wahlvorstand ist hierbei in seiner Entscheidung frei, ob und inwieweit die Möglichkeit der Video- und Telefonkonferenz genutzt wird. Weiterhin in Präsenz durchzuführen sind aber u.a. die Stimmauszählung, Bearbeitung der Briefwahlunterlagen, die Prüfung eingereichter Vorschlagslisten, die Aufgaben im Rahmen der ersten Wahlversammlung im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren (insbesondere die Aufstellung der Wählerliste, der Erlass des Wahlausschreibens und die Entgegennahme und Prüfung der Wahlvorschläge) und die Ermittlung der Reihenfolge der Ordnungsnummern für die Vorschlagslisten mittels Losverfahren.

  • Fristsetzungsbefugnis des Wahlvorstands

Durch die Änderung der Wahlordnung wird ferner die bestehende Rechtsprechung zur Festlegung des Fristendes durch den Wahlvorstand in der Wahlordnung festgeschrieben. Nach der Rechtsprechung konnte der Wahlvorstand die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt (BAG, Beschluss vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16). Durch die Neuregelung kann der Wahlvorstand die Uhrzeit festlegen, bis zu der ihm in den in § 41 Abs. 2 der Wahlordnung zum BetrVG geregelten Fällen Erklärungen zugehen müssen. Die Uhrzeit darf jedoch nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wähler an diesem Tag liegen. Relevante Fälle sind insbesondere die Frist für das Einlegen von Einsprüchen gegen die Richtigkeit der Wählerliste, die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen und die Frist für die Beseitigung von Mängeln der Wahlvorschläge.

  • Weitere Hinweispflichten des Wahlvorstands im Wahlausschreiben

Der Wahlvorstand muss im Wahlausschreiben nunmehr u.a. neben der Frist zur Einlegung eines Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste zudem darauf hinweisen, dass die Anfechtung gemäß § 19 Abs. 3 S. 1 und 2 BetrVG ausgeschlossen ist, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig war, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde und die anfechtenden Wahlberechtigten nicht an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren.

Sofern der Wahlvorstand von der Möglichkeit Gebrauch macht, eine Uhrzeit festzulegen, bis zu der ihm Wahlvorschläge oder Einsprüche gegen die Wählerliste am letzten Tag des Fristablaufs wirksam zugehen können, hat der Wahlvorstand diese Uhrzeit auch im Wahlausschreiben anzugeben.

  • Änderungen der Briefwahl
  • Ausweitung der Übersendungspflicht der Briefwahlunterlagen

Bislang musste der Wahlvorstand lediglich an die Wahlberechtigten unaufgefordert Briefwahlunterlagen versenden, von denen dem Wahlvorstand bekannt war, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere Außendienstmitarbeiter, Telearbeiter und Heimarbeiter). Durch die Änderung der Wahlordnung ist der Wahlvorstand zukünftig darüber hinaus auch verpflichtet, all jenen Wahlberechtigten unaufgefordert Briefwahlunterlagen zuzusenden, die vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl auch aus anderen Gründen, also auch aus solchen die nicht in der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses begründet sind, voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden. Der Arbeitgeber hat dem Wahlvorstand die dazu erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Wahlordnung nennt als andere Gründe beispielhaft das Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit. In der Begründung der Änderung der Wahlordnung werden für das Ruhen des Arbeitsverhältnisses beispielhaft Elternzeit, Mutterschutzzeiten, Pflegezeit, freiwilliger Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder unbezahlter Urlaub (Sabbatical) aufgezählt. 

  • Bearbeitung der Briefwahlunterlagen

Vor der Änderung der Wahlordnung hatte der Wahlvorstand die Briefwahlumschläge „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe“ zu öffnen. Nach der Rechtsprechung hatte der Wahlvorstand zudem bei der Bestimmung des richtigen Zeitpunkts einen Beurteilungsspielraum, musste aber die dazu notwendige Zeit (Ordnungsgemäßheit der schriftlichen Stimmabgabe, Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste, Einwurf des Wahlumschlags in die Wahlurne) prognostizieren. Diese Prognoseentscheidung des Wahlvorstands war mit Unsicherheiten behaftet, die zur Anfechtbarkeit der Wahl führen konnten. Die neue Wahlordnung schafft nunmehr Rechtssicherheit und legt den Zeitpunkt der Bearbeitung der Briefwahlunterlagen fest: Nach der Neuregelung des § 26 der Wahlordnung zum BetrVG werden die Briefwahlumschläge erst zu Beginn der öffentlichen Sitzung der Stimmauszählung, d.h. nach der Stimmabgabe bei der Präsenzwahl, geöffnet.

  • Abschaffung der Wahlumschläge bei Präsenzwahlen

Bislang erfolgte im Betrieb die Stimmabgabe durch Abgabe der Stimmzettel in Wahlumschlägen. Durch die Änderung der Wahlordnung erfolgt die Stimmabgabe künftig ohne Wahlumschläge. Hierdurch soll sowohl der Ressourcenverbrauch als auch der Zeitaufwand des Wahlvorstands bei der Stimmauszählung reduziert werden. Die Einhaltung des Wahlgrundsatzes der geheimen Wahl wird dadurch gewährleistet, dass die Stimmzettel in einer Weise gefaltet werden müssen, dass nicht erkennbar ist, wie gewählt wurde.

  • Verlängerte Korrektur der Wählerliste

Das aktive und passive Wahlrecht steht nur Arbeitnehmern zu, die in die Wählerliste eingetragen sind. Der Wahlvorstand hat die Wählerliste aufzustellen und, soweit vor der Wahl erforderlich, zu berichtigen. Bislang war eine Berichtigung der Wählerliste nur bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe möglich. Nunmehr kann die Wählerliste bis zum Abschluss der Stimmabgabe berichtigt werden. Gegebenenfalls ist hierfür ein Austausch mit dem Arbeitgeber am Wahltag erforderlich, Durch diese Änderung soll die Chance erhöht werden, dass auch kurz vor der Wahl eingestellte oder umgesetzte Arbeitnehmer ihr Wahlrecht ausüben können. Vor der Änderung der Wahlordnung waren Änderungen und Ergänzungen der Wählerliste nur bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe zulässig, nicht jedoch am Wahltag. Hiergegen gab es jedoch aufgrund des Wahlgrundsatzes der Allgemeinheit der Wahl Bedenken. Entsprechende Änderungen der Wählerliste am Wahltag konnten bislang unter Umständen die Anfechtung der Betriebsratswahl rechtfertigen.

Fazit

Durch die Änderung der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz wurden die Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in der Wahlordnung umgesetzt. Zudem wurden auch bereits durch die Rechtsprechung konkretisierte Anforderungen in die Wahlordnung übernommen.

Für die anstehenden Betriebsratswahlen gelten aufgrund des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes und der Änderung der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz eine Reihe neuer Regelungen. Wir empfehlen daher auch Arbeitgebern, bei denen Betriebsratswahlen bevorstehen, sich mit diesen Änderungen vor den bevorstehenden Betriebsratswahlen auseinanderzusetzen.Insgesamt ist eine Betriebsratswahl aufwändig und aufgrund des damit verbundenen Arbeitsausfalls der Mitarbeiter auch oftmals kostenintensiv. Umso ärgerlicher ist es daher, wenn Fehler auftreten, die ggf. zu einer Anfechtung der Wahl führen können. Von der Bildung des Wahlvorstands bis zur konstituierenden Sitzung des Betriebsrats werden die einzelnen Schritte und Stolpersteine einer Betriebsratswahl am 20. Januar 2022 von unseren Kollegen Dr. Jochen Keilich und Dr. Paul Brummer in unserem kostenlosen Webinar aufgezeigt. Anmeldungen sind unter https://pwwl.de/events/betriebsratswahl-2022-ablauf-der-betriebsratswahlen-fehler-vermeiden/ möglich.

Johannes Wicklerer
Johannes Wickler

Johannes Wickler ist spezialisiert auf betriebliche Altersversorgung, SE-Gründungen, Mitbestimmungsmanagement, die Gestaltung von Arbeitsverträgen, Auflösungsvereinbarungen sowie auf Unternehmensumstrukturierungen.

Julia Glock

Julia Glock ist spezialisiert auf Mitbestimmungsmanagement, SE-Gründungen, Kündigungsrechtsstreitigkeiten sowie Due Diligence.

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