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Ist eine mündliche Kündigung durch den Geschäftsführer trotz Schriftformklausel wirksam? Ja!

Haende stoppen Zeit an Uhr

Das Thema AGB-Kontrolle dominiert die Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht bereits seit fast zwei Jahrzehnten. Auch Geschäftsführerdienstverträge bleiben hiervon nicht unberührt. Der folgende Beitrag widmet sich einer Regelung, die in fast allen Geschäftsführerdienstverträgen Eingang findet, ohne dass die Parteien hierüber meist länger nachdenken: Der Schriftformklausel für Kündigungen. Trotz vielfacher Verwendung ist die Wirksamkeit solcher Klauseln unter dem Gesichtspunkt der AGB-Kontrolle seit ca. drei Jahren sehr zweifelhaft.

In § 623 BGB ist ausdrücklich geregelt, dass die wirksame Kündigung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform bedarf. Das Gesetz unterscheidet klar zwischen Text- und Schriftform. Bei der Schriftform handelt es sich um die im Vergleich zur Textform strengere Form.

Die Schriftform setzt eine vom Aussteller eigenhändig unterschriebene schriftliche Urkunde voraus. Dem wird z.B. das „klassische“, ausgedruckte und vom Kündigenden eigenhändig unterschriebene, Kündigungsschreiben gerecht.

Um der Textform i.S.d. § 126b BGB zu entsprechen, muss der/die Erklärende lediglich unter Nennung seines/ihres Namens eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgeben. Der Textform unterfallen daher auch Erklärungen, die lediglich per E-Mail oder SMS abgegeben werden.

Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB findet allerdings nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Infolgedessen gilt das Schriftformerfordernis der Kündigung nicht für Geschäftsführerdienstverträge. Daher war es bislang absolut üblich, eine § 623 BGB vergleichbare Klausel auch in Geschäftsführerdienstverträge aufzunehmen. 

Durch das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts wurde § 309 Nr. 13 BGB neu geregelt. Seit dem 01.10.2016 gilt, dass die Vorgabe einer strengeren Form als die Textform für die Abgabe von Anzeigen und Erklärungen in Verträgen, die der AGB-Kontrolle unterliegen, eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Entsprechend § 309 Nr. 13 lit. b) BGB dürfen allgemeine Geschäftsbedingungen somit keine Klausel enthalten, die den Erklärenden bei seinen einseitig abzugebenden Erklärungen an eine strengere Form als die Textform bindet. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit dieser Änderung den durch Schriftformklauseln errichteten Barrieren für die Rechtsdurchsetzung entgegenzuwirken und die damit verbundene Unklarheit zu beseitigen.

Der Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle ist bei Geschäftsführerdienstverträgen regelmäßig eröffnet. Bei der Schriftformklausel aus einem Geschäftsführerdienstvertrag handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, soweit eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung (vgl. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB) vorliegt. Bei Rückgriff auf vorformulierte Muster für Geschäftsführerdienstverträge ist dies in der Praxis regelmäßig der Fall. Ebenfalls gilt, dass aufgrund der Rechtsprechung zur Verbrauchereigenschaft des Geschäftsführers die Klausel im Einzelfall als vom Unternehmer gestellt vermutet wird und die AGB-Kontrolle selbst bei einmaliger Verwendung der Klausel Anwendung findet. Eine Schriftformklausel unterliegt nur dann nicht der AGB-Kontrolle, sofern diese im Einzelnen ausgehandelt wurde (vgl. § 305b BGB). Dies ist erfahrungsgemäß selten der Fall. Hierfür wäre erforderlich, dass die Klausel deutlich und ernsthaft zur Disposition gestellt wurde, was gerade bei einer so unwichtigen Regelung wie dem Formerfordernis der Kündigung selten der Fall sein dürfte. 

Eine Klausel in einem Geschäftsführerdienstvertrag, die die Kündigung unter das Erfordernis der Schriftform stellt, verstößt daher regelmäßig gegen § 309 Nr. 13 lit. b) BGB. Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt, sodass die von der Klausel erfasste Erklärung in Folge der Unwirksamkeit grundsätzlich formfrei (also auch mündlich) abgegeben werden kann. Richtigerweise dürfte im Einklang mit § 309 Nr. 13 lit. b) BGB für die formgebundene Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags nur Textform vereinbart werden. Dies sollte beim Abschluss von Geschäftsführerdienstverträgen zukünftig Berücksichtigung finden, um erhebliche Rechtsunsicherheiten bei der Abgabe von Kündigungserklärungen zu vermeiden. Nichtsdestotrotz können Kündigungserklärungen weiterhin auch schriftlich abgegeben werden, lediglich die Vereinbarung der Schriftform ist unwirksam, sodass der Arbeitgeber die formfreie (mündliche) Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags nicht mit Verweis auf eine (unwirksam) vereinbarte Schriftformklausel zurückweisen kann. 

§ 309 Nr. 13 lit. b) BGB gilt grundsätzlich nur für Geschäftsführerdienstverträge, die nach dem 30.09.2016 geschlossen worden sind. Unsicherheiten können aber entstehen, wenn Neuregelungen oder Vertragsverlängerungen für Altverträge vereinbart werden. In dieser Hinsicht wird aus praktischer Sicht eine Anpassung entsprechender Klauseln im Zuge einer Vertragsänderung angeraten.

Dr. Falko Daub, LL.M. (VUW)

Dr. Falko Daub ist spezialisiert auf die Begleitung komplexer Transaktionen und Restrukturierungen, die Beratung im Schnittfeld von Insolvenz und Arbeitsrecht sowie auf die Beratung zu Fragen der Organhaftung.

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