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Neues zum Urlaubsrecht: Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Zwei Personen entspannen sich in Sonnenstühlen am Strand PWWL Illustration

Seit unserem letzten Blogbeitrag zum Urlaubsrecht (Best-Of Urlaubsrecht 2022) vom 4. Januar 2023 ist inzwischen einige Zeit vergangen. Es lohnt sich wieder, einen Blick nach Erfurt zu werfen:

Nachdem sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2022 mit der Verjährung von Urlaubsansprüchen in einem laufenden Arbeitsverhältnis beschäftigt hatte, entschied das Gericht Anfang dieses Jahres über die Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen. 

Zusammenfassung der Entscheidung vom 20. Dezember 2022

Bevor wir auf die Entscheidung des BAG zu den Urlaubsabgeltungsansprüchen eingehen, fassen wir noch einmal die Kernaussage aus der Entscheidung vom 20. Dezember 2022 (Aktenzeichen 9 AZR 266/20) kurz zusammen:

Das Gericht definierte in dem Verfahren eine weitere Voraussetzung für den Beginn von Verjährungsfristen. Nach Ansicht der Richter des neunten Senats beginnt die Verjährung nur dann, wenn die Beschäftigten zuvor von ihrem Arbeitgebenden (I) individuell über den konkret bestehenden Urlaubsanspruch sowie über die Verfallsfristen für diesen belehrt wurden (sog. Mitwirkungsobliegenheiten der Arbeitgebenden) und (II) die Beschäftigten, trotz dieser Belehrung, den Urlaub aus freien Stücken nicht nehmen. Kommen Arbeitgebende ihren Verpflichtungen nicht nach, dürfen sie sich auch nicht auf die Verjährung von Urlaubsansprüchen berufen. 

Die Rechtslage im laufenden Arbeitsverhältnis war damit klar. Offen blieb aber die Frage, welche Anforderungen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten sollen. Diese Frage beantwortete das BAG nunmehr mit seinem Urteil vom 31. Januar 2023 (Aktenzeichen 9 AZR 456/20).

Sachverhalt des Urteils vom 31. Januar 2023

Der klagende Arbeitnehmer war seit dem 9. Juni 2010 bei der Beklagten, die eine Flugschule betreibt, als Ausbildungsleiter beschäftigt. Nach seinem Arbeitsvertrag stand ihm ein jährlicher Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Tagen zu. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien endete im August 2019. Daraufhin verlangte der Kläger unter anderem die Abgeltung des von ihm nicht genommenen Urlaubs, zuletzt für die Jahre 2010 bis 2015. Die Flugschule hatte den Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses über seine offenen Urlaubsansprüche nicht informiert.

Der Arbeitnehmer vertrat daher die Auffassung, dass seine Urlaubsansprüche und damit auch seine Urlaubsabgeltungsansprüche nicht verjährt seien. Denn die Beklagte sei – unter anderem – ihren Mitwirkungsobliegenheiten bei der Gewährung von Urlaub nicht nachgekommen (für die Einzelheiten zu den Mitwirkungsobliegenheiten verweisen wir auf unseren Blogbeitrag “Verfall von Urlaubsansprüchen: Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber”). 

Die Beklagte wies den Urlaubsabgeltungsanspruch zurück und berief sich auf Verjährung. 

Entscheidungsgründe des Urteils vom 31. Januar 2023

Der 9. Senat des BAG stellte in seinem Urteil vom 31. Januar 2023 unter anderem klar, dass es für den Beginn der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen – anders als bei der Verjährung von Urlaubsansprüchen im laufenden Arbeitsverhältnis – gerade nicht darauf ankommt, ob der Arbeitgebende seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Urlaubsgewährung nachgekommen ist oder nicht. 

Die Richter argumentieren in diesem Zusammenhang damit, dass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Zäsur eintritt. Der Arbeitnehmende kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht mehr zur Erholung freigestellt werden. Vielmehr ist der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reiner Geldanspruch. Die Mitwirkungsobliegenheiten sind ab der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schlichtweg sinnlos. Es sei gerade nicht mehr möglich, dem Arbeitnehmenden mitzuteilen, welcher Urlaub zu welchem Zeitpunkt zu verfallen drohe oder diesen aufzufordern, den Urlaub rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt zu nehmen.

Auch sei der Arbeitnehmende nach Ansicht der Richter nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr schutzbedürftig. Vielmehr bestehe für den Arbeitnehmenden keine Gefahr mehr, Nachteilen für das Arbeitsverhältnis ausgesetzt zu sein, wenn Ansprüche gegenüber dem Arbeitgebenden geltend gemacht werden. 

Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) beginnt in solchen Fällen dann in der Regel mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitnehmende aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 199 Abs. 1 BGB). 

Auswirkungen für die Praxis

Arbeitgebende können aufatmen: Urlaubsansprüche, die wegen der Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten im laufenden Arbeitsverhältnis nicht verfallen und nicht verjähren können, unterliegen als Urlaubsabgeltungsansprüche ab der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dennoch der dreijährigen Verjährung. Und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgebende seine Mitwirkungsobliegenheiten nachgeholt hat oder nicht. 

Stephanie Roß

Stephanie Roß ist spezialisiert auf betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen, die Gestaltung von Arbeitsverträgen sowie Kündigungsrechtsstreitigkeiten.

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