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Kein Zugang zum Arbeitsplatz ohne (negativen) Corona-Test?

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Wer schon einmal einen COVID-19-Test gemacht hat, weiß, dass ein solcher durchaus unangenehm bis schmerzhaft in Rachen und Nase sein kann. Das Arbeitsgericht Offenbach (Az. 4 Ga 1/21) hatte nun die Frage zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber den Zutritt seiner Belegschaft zum Betrieb von der Durchführung und dem Nachweis eines negativen PCR-Test abhängig machen darf?

Worum ging es?

Ein Arbeitgeber verwehrte einem Arbeitnehmer den Zutritt zum Betriebsgelände, da der Arbeitnehmer sich weigerte, einen COVID-19-Test in Form eines PCR-Tests durchzuführen. Eine PCR-Testpflicht war nach Ansicht des Arbeitgebers in einer Betriebsvereinbarung vorgesehen. Der Arbeitnehmer wendete sich gegen die Weigerung des Arbeitgebers im Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Offenbach. Nach Ansicht des Arbeitnehmers verstoße die Anweisung des Arbeitgebers, den Test durchzuführen, gegen sein Recht auf Selbstbestimmung und sei weder durch das Weisungsrecht noch die Betriebsvereinbarung gedeckt. Darüber hinaus sei der PCR-Test laut betroffenem Arbeitnehmer unverhältnismäßig, da er einen invasiven Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit darstelle. 

Wie hat das Arbeitsgericht Offenbach entschieden?

Das Arbeitsgericht Offenbach am Main entschied zugunsten des Arbeitgebers. Die Richter der 4. Kammer des Arbeitsgerichts lehnten den Eilantrag des Arbeitnehmers auf Fortsetzung seiner Arbeitstätigkeit „unter anderem“ mit der Begründung ab, der Arbeitnehmer habe die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht hinreichend dargelegt. Für die Richter war ein besonderes, eiliges Beschäftigungsinteresse, das für eine Entscheidung im Eilverfahren erforderlich ist, nicht erkennbar. 

Ob die Richter die Anordnung von PCR-Tests durch eine Betriebsvereinbarung für grundsätzlich zulässig erachteten, geht aus der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Offenbach hingegen nicht hervor. Hier bleibt abzuwarten, ob der betroffene Arbeitnehmer gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts das Rechtsmittel der Berufung einlegen wird und wie die Arbeitsrichter in zweiter Instanz entscheiden. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht ebenfalls noch aus.

Was folgt aus der Entscheidung?

Obwohl aus der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Offenbach gerade nicht ersichtlich ist, ob die Arbeitsrichter die Anordnung eines PCR-Tests vor Zutritt zum Betrieb in einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich als zulässig erachten, ist die Entscheidung exemplarisch für die öffentliche Debatte rund um Rechte und Pflichten des Arbeitgebers in der Corona-Pandemie. 

In der breiten Öffentlichkeit wird nämlich teils kontrovers diskutiert, was der Arbeitgeber darf und was er nicht darf. Hier werden von Seiten der Arbeitgeber insbesondere Rufe nach Fragerechten nach einer Corona-Infektion bzw. dem Kontakt zu nachweislich infizierten Personen von Arbeitnehmern und dem Aufenthalt in einem vom Robert-Koch-Institut eingestuften Risikogebiet laut. Daneben sind die Impflicht und der Impfnachweis in Betrieben heiß diskutierte Themen. Viele Arbeitgeber stellen sich hier die Frage, ob sie eine Impfung im Betrieb anordnen und den Zugang zum Betrieb von einer vorliegenden Impfung abhängig machen können. Hiermit haben wir uns bereits in einem anderen Beitrag beschäftigt: https://pwwl.de/darf-der-arbeitgeber-impfungen-gegen-das-coronavirus-anordnen/

Die Beantwortung all dieser Fragen rund um Rechte und Pflichten des Arbeitgebers in der Corona-Pandemie dürfte letztlich auf eine Interessenabwägung hinauslaufen: Abzuwägen ist stets zwischen den Interessen des Arbeitgebers an der Funktionsfähigkeit seines Betriebes und seiner Pflicht zum Schutz seiner Belegschaft sowie den Interessen des einzelnen Arbeitnehmers auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG). Mildere Mittel, die der Arbeitgeber hierbei stets in die Abwägung einbeziehen sollte, sind z.B. die strikte Einhaltung der AHA+L-Regeln, Fiebermessungen vor Zugang zum Betrieb oder Corona-Schnelltests. Zweifelhaft ist allerdings, ob diese Instrumente die gleiche Wirksamkeit im Vergleich zu PCR-Tests aufweisen, denn Schnelltests können fehlerhaft sein und nicht alle Infizierten haben die gleichen Symptome wie Fieber. Ein zur Aufdeckung akuter Infektionen der Arbeitnehmer und im Vergleich zu Schnelltests und Fieberkontrollen geeigneteres Instrument könnte somit die (anlassbezogene!) Durchführung von PCR-Tests im Betrieb sein.

Dr. Michael Witteler
Dr. Michael Witteler

Dr. Michael Witteler ist spezialisiert auf datenschutzrechtliche Angelegenheiten an der Schnittstelle von Arbeitsrecht und Datenschutz. Er ist Head der PWWL Practice Group Data & Privacy.

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