Bereits
im Jahr 2017 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales – damals noch
unter der Federführung von Andrea Nahles – einen Referentenentwurf zur Reform
des Teilzeitrechts vorgelegt. Dieser Entwurf sah zum einen einen Anspruch auf
zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit vor. Zum anderen sollte teilzeitbeschäftigten
Arbeitnehmern die Rückkehr in die Vollzeit durch eine Verlagerung der
Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber erleichtert werden. Der Referentenentwurf
scheiterte jedoch, weil sich der Koalitionsausschuss der Union und SPD nicht
auf diesen Entwurf verständigen konnte.
Seit
dem 17. April 2018 liegt nun ein neuer Referentenentwurf des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – nun unter der Federführung von
Hubertus Heil – vor, der folgendes beinhaltet:
1. Brückenteilzeit
Der
Referentenentwurf sieht für Arbeitnehmer/innen einen Anspruch auf zeitlich
begrenzte Teilzeit, eine sogenannte Brückenteilzeit, vor. Dieser Anspruch setzt
voraus, dass das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate bestanden hat und der Arbeitgeber
in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Darüber hinaus müssen
keine besonderen Gründe – wie z. B. Kinderbetreuung, Pflege – gegeben sein.
Neben
der Möglichkeit einen Antrag auf Brückenteilzeit aus betrieblichen Gründen oder
aufgrund tarifvertraglich festgelegter Gründe abzulehnen, sieht der Entwurf eine
Zumutbarkeitsgrenze für Arbeitgeber, die in der Regel insgesamt nicht mehr als
200 Arbeitnehmer/innen beschäftigen, vor. Demnach soll – auch ohne Vorliegen
betrieblicher Gründe – ein Antrag auf Brückenteilzeit dann abgelehnt werden
können, wenn zum Zeitpunkt des Beginns der beantragten Brückenteilzeit pro
angefangene 15 Arbeitnehmer/innen bereits mindestens ein/e Arbeitnehmer/in in
Brückenteilzeit arbeitet. Beschäftigt ein Arbeitgeber z. B. insgesamt mehr als
45 und bis zu 60 Arbeitnehmer/innen, kann er den Antrag auf Brückenteilzeit
ablehnen, wenn bereits vier Arbeitnehmer/innen Brückenteilzeit wahrnehmen.
Brückenteilzeit
soll für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr bis zu maximal fünf Jahren beantragt
werden können. Abweichungen von diesem Zeitrahmen sollen nur durch Tarifvertrag
oder zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden können.
Während
der Brückenteilzeit soll kein Anspruch des/der Arbeitsnehmers/in auf eine
Beschäftigung mit der veränderten Arbeitszeit auf dem gleichen Arbeitsplatz
bestehen. Dem Arbeitgeber soll es möglich sein, dem/der Arbeitnehmer/in im
Rahmen seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts einen gleichwertigen
Arbeitsplatz zuzuweisen. Darüber hinaus soll kein Anspruch des/der
Arbeitnehmers/in auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder einer
Verlängerung oder Verkürzung der Brückenteilzeit bestehen. Den
Arbeitsvertragsparteien bleibt es jedoch unbenommen, eine Vereinbarung hierüber
zu treffen.
Nach
Ablauf der Brückenteilzeit kann der/die Arbeitnehmer/in frühestens ein Jahr
nach Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit erneut eine Verringerung der
Arbeitszeit verlangen. Wurde der Antrag auf Brückenteilzeit hingegen aus
betrieblichen Gründen berechtigterweise vom Arbeitgeber abgelehnt, kann ein
erneuter Antrag erst nach Ablauf von zwei Jahren nach der berechtigten
Ablehnung gestellt werden.
2. Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit, Pflicht zur Erörterung
Der
Arbeitgeber hat den Wunsch eines/einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers/in
nach Verlängerung seiner/ihrer Arbeitszeit bei der Besetzung eines
Arbeitsplatzes grundsätzlich bevorzugt zu berücksichtigen. Im Rahmen dieses
Anspruchs soll nunmehr der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für
folgende Ablehnungsgründe tragen:
- Fehlen
eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes,
- Fehlen
eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes für den der/die teilzeitbeschäftigte
Arbeitnehmer/in nicht mindestens gleich geeignet ist wie andere Bewerber,
- entgegenstehende
dringende betriebliche Gründe,
- entgegenstehende
Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer/innen.
Zur
besseren Nachweisbarkeit, dass ein entsprechender Antrag auf Verlängerung der
Arbeitszeit überhaupt gestellt worden ist, soll der Antrag auf Verlängerung der
Arbeitszeit – sowie auch für die Verkürzung der Arbeitszeit – künftig in
Textform (z. B. E-Mail, Fax) erfolgen.
Darüber
hinaus sieht der Referentenentwurf vor, dass der Arbeitgeber die Änderung von
Dauer und/oder Lage der Arbeitszeit mit den Arbeitnehmern/innen zu erörtern
hat, wenn diese eine solche Änderung wünschen. Diese Pflicht zur Erörterung soll
unabhängig von der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer/innen sowie unabhängig
vom Umfang der Arbeitszeit gelten.
3. Arbeit auf Abruf
Des
Weiteren greift der Referentenentwurf auch das Thema Arbeit auf Abruf auf. Er
sieht vor, dass der Anteil der zusätzlich vom Arbeitgeber abrufbaren Arbeit
künftig nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit
betragen darf. Wird eine Höchstarbeitszeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien
vereinbart, soll die vereinbarte Arbeitszeit nur um maximal 20 % verringert
werden können. Ist die wöchentliche Arbeitszeit vertraglich nicht festgelegt, soll
künftig eine Arbeitszeit von 20 Stunden/Woche als vereinbart gelten.
Um
Problemen bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit und
Feiertagen entgegenzuwirken, sieht der Gesetzesentwurf außerdem vor, dass auf
die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der
Arbeitsunfähigkeit bzw. vor dem Feiertag abzustellen ist.
4. Ausblick
Im
Vergleich zum damaligen Referentenentwurf ist der aktuelle Entwurf wesentlich dezidierter.
Hiermit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Vorgaben aus dem
Koalitionsvertrag entsprochen. Es ist also zu erwarten, dass dieser
Referentenentwurf nicht am Koalitionsausschuss scheitern wird. Allerdings sind
auch schon Stimmen aus der Union und SPD zu vernehmen, die den
Referentenentwurf in seiner derzeitigen Form nicht unterstützen.