Neues aus der Practice Group Restructuring
Nicht
nur große Arbeitgeber, sondern auch kleinere Betriebe sind in der Praxis
regelmäßig mit dem sog. Massenentlassungsverfahren konfrontiert. Ein solches
Massenentlassungsverfahren ist bereits in Betrieben notwendig, die regelmäßig
mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen und mehr als fünf Arbeitnehmer innerhalb
von 30 Kalendertagen entlassen. Dies ist also keinesfalls ein Phänomen, das lediglich
Großkonzerne betrifft.
Das
formelle Verfahren der Massenentlassung besteht aus zwei Komponenten: Zum einen
ist eine Konsultation mit dem Betriebsrat notwendig, zum anderen eine detaillierte
Anzeige der Massenentlassung an die Bundesagentur für Arbeit. Beiden
Verfahrensschritten ist in der Praxis gemeinsam, dass ihre Durchführung aufgrund
der hohen formellen Anforderungen häufig zu Schwierigkeiten führt. Da
Verfahrensmängel zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen, stellt dies für
Arbeitgeber ein nicht unerhebliches Risiko dar.
Unsicherheiten
bestehen in der Praxis unter anderem im Rahmen der einzuhaltenden Verfahrensformalitäten,
deren Details Rechtsprechung und Literatur bereits seit langem beschäftigen. So
war bisher umstritten und von der Rechtsprechung offen gelassen, in welcher
Form der Betriebsrat überhaupt informiert werden muss. Auf den ersten Blick mag
dies überraschen, da das Kündigungsschutzgesetz ausdrücklich verlangt, dass dem
Betriebsrat die erforderlichen Auskünfte im Rahmen seiner Konsultation schriftlich mitzuteilen sind. Dieser
Hinweis auf die Schriftform des § 126 BGB legt eine Information mittels eigenhändige
(Original-) Unterschrift des Arbeitgebers nahe. Eine Textform, also zum
Beispiel eine Übermittlung der Daten per Fax, würde nach dem reinen
Gesetzeswortlaut daher nicht ausreichen.
Nunmehr
hat das Bundesarbeitsgericht in einer jüngeren Entscheidung (Az. 2 AZR 276/16) jedoch
entschieden, dass für die Unterrichtung des Betriebsrats die Übermittlung eines
Schreibens per Telefax ausreicht. Das Informationsinteresse des Betriebsrats sei
nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch durch die Unterrichtung in
Textform befriedigt. Sinn und Zweck der Vorschrift sei allein, dass der
Betriebsrat die Informationen auf inhaltliche Vollständigkeit und Urheberschaft
prüfen kann und dass die Informationen dauerhaft zur Verfügung stehen. Diese
Ziele werden jedoch auch durch eine Unterrichtung in Textform erreicht, welche
das Bundesarbeitsgericht nunmehr für ausreichend erachtet. Ein vom Arbeitgeber
eigenhändig unterzeichnetes Schriftstück hätte demgegenüber keinerlei Mehrwert.
Für Arbeitgeber besteht zudem regelmäßig eine Ungewissheit darüber, wann das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat abgeschlossen ist. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht erneut ausgeführt, dass im Rahmen des Konsultationsverfahrens selbstverständlich kein Einigungszwang besteht. Vielmehr dürfen Arbeitgeber das Konsultationsverfahren als beendet ansehen, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen erkennen lässt. Arbeitgebern steht dabei ein gewisser Einschätzungsspielraum zu. Allerdings ist es auch weiterhin nicht empfehlenswert, leichtfertig von einem zu frühen Scheitern der Beratung mit dem Betriebsrat auszugehen. Dies hängt – wie so oft – vom Einzelfall ab. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu begrüßen, da sie mit unnötigen Formalitäten aufräumt und das Verfahren der Massenentlassung ein Stück weit praxistauglicher und rechtssicherer macht. Gleichwohl ist in Anbetracht des mit einem fehlerhaften Massenentlassungsverfahren einhergehenden Risikos auch weiterhin größte Sorgfalt geboten. Es bestehen weiterhin diverse Fallstricke und Unsicherheiten, welche die Rechtsprechung auch in Zukunft beschäftigen wird.
Unsere Practice Group Restructuring berät Sie sehr gerne zu diesem Thema.