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Ungeimpfte Beschäftigte erhalten keine Entschädigung für Verdienstausfall durch Quarantäne

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Einige Bundesländer haben schon die Entschädigungszahlungen für Ungeimpfte ausgesetzt – ab 1. November 2021 soll dies nun bundeseinheitlich der Fall sein. Dann werden ungeimpfte Beschäftigte grundsätzlich keine staatlichen Entschädigungsleistungen mehr erhalten, wenn sie aufgrund einer Quarantäneanordnung ihrer Arbeit nicht nachgehen können.

Quarantäne als Leistungsstörung im Arbeitsverhältnis

Eine Quarantäneanordnung führt dazu, dass Beschäftigte ihrer Arbeit nicht wie gewohnt nachgehen können. Sie müssen sich häuslich absondern und ihrem Arbeitsplatz fernbleiben. Gehen Arbeitnehmer:innen ihrer Arbeit nicht mehr nach, entfällt nach dem altbekannten Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ ihr Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Dies ergibt sich aus § 326 Abs. 1 BGB, wird aber durch zahlreiche Sonderregelungen (z.B. § 1 BurlG, § 3 EFZG, § 626 BGB) durchbrochen.

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, dass ansteckungs- und krankheitsverdächtige Arbeitnehmer:innen, die sich wegen einer behördlichen Anordnung in Quarantäne begeben, keinen Lohnausfall erleiden sollen. Daher ist im Infektionsschutzgesetz ein Entschädigungsanspruch geregelt: Gem. § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG können Arbeitnehmer:innen eine Geldentschädigung für die Dauer der Quarantäne erhalten.

Während der Corona-Pandemie ist diese Entschädigungsregelung vielfach zur Anwendung gekommen. Der Arbeitgeber fungiert dabei als Zahlstelle. Er zahlte die Entschädigung an Arbeitnehmer:innen aus und konnte sich diese nachträglich von den Behörden erstatten lassen.

Keine Entschädigungszahlungen mehr für Ungeimpfte

Schon seit letztem Jahr enthält § 56 IfSG allerdings eine Sonderregelung, die in den letzten Wochen vermehrt für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Demnach erhält eine Entschädigung nicht, 

“wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung (…) die (…) im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde (…) eine Absonderung hätte vermeiden können”. 

Auf Grundlage dieser Regelung können Ungeimpfte von Entschädigungsleistungen ausgeschlossen werden. Bisher wurde diese Regelung im Hinblick auf den knappen Impfstoff bei einer Corona-Infektion nicht angewendet. Da ein ausreichendes Impfangebot aber mittlerweile vorhanden ist, ändert sich dies nun. Bereits jetzt machen mehrere Bundesländer von der Regelung Gebrauch. Ab 1. November 2021 soll diese nun auch bundeseinheitlich Anwendung finden, sodass Ungeimpfte – sofern eine Impfung aus medizinischen Gründen möglich ist – keine Entschädigung für einen Verdienstausfall während der Quarantäne erhalten. Wichtig ist diese Neuerung insbesondere für Arbeitgeber, denn diese verauslagen die Quarantäne-Entschädigung.

Homeoffice während der Quarantäne?

Auch für Ungeimpfte besteht grundsätzlich die Möglichkeit, trotz Quarantäne aus dem Homeoffice zu arbeiten. Dann kommt es schon gar nicht zum Verdienstausfall, denn Arbeitnehmer:innen verrichten ihre Arbeit, wenn auch nicht an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz.

Ein (gesetzlicher) Anspruch auf Arbeit im Homeoffice besteht in solchen Fällen allerdings grundsätzlich nicht. Es bedarf für die Arbeit aus dem Homeoffice der Zustimmung des Arbeitgebers, sofern nicht anderslautende individualvertragliche oder betriebliche Vereinbarungen Anwendung finden.

Verhältnis von Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne?

Sowohl bei Geimpften als auch Ungeimpften gilt es allerdings streng zwischen Quarantäne und Arbeitsunfähigkeit zu unterscheiden. Das Infektionsschutzgesetz sieht im Falle einer Quarantäneanordnung eine Entschädigung vor, das Entgeltfortzahlungsgesetz ordnet hingegen für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung an.

Erkranken Arbeitnehmer:innen arbeitsunfähig am Corona-Virus, steht ihnen weiterhin und unabhängig von ihrem Impfstatus ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu. Demnach gilt es nach wie vor zwischen „in Quarantäne“ einerseits und „in Quarantäne und arbeitsunfähig krank“ andererseits zu differenzieren, denn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht dem Entschädigungsanspruch vor.

Entgeltfortzahlung muss für die ersten sechs Wochen allein der Arbeitgeber leisten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der/die Beschäftigte auch tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt ist. Dies können Arbeitnehmer:innen in der Regel durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen. Die bloße behördliche Quarantäneanordnung genügt nicht, um Entgeltfortzahlung zu erhalten, wie das ArbG Bonn (07.07.2021 – 2 Ca 504/21) entschieden hat.

Verhältnis von Quarantäne und § 616 BGB?

Der von § 56 Abs. 1 IfSG vorausgesetzte Verdienstausfall liegt allerdings auch dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber während der behördlich angeordneten Quarantäne anderweitig zur Entgeltfortzahlung verpflichtet bleibt. Ein solcher Anspruch kann sich insbesondere aus § 616 BGB ergeben. Danach behalten Arbeitnehmer:innen ihren Anspruch auf Arbeitsentgelt, wenn sie für verhältnismäßig kurze Zeit unverschuldet keine Arbeit leisten können. Davon ist bei einer üblichen häuslichen Quarantäne von maximal zwei Wochen wohl in der Regel auszugehen. 

Allerdings kann dieser Anspruch zum Beispiel durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob den Betroffenen überhaupt ein Anspruch gemäß § 616 BGB zusteht. Liegt ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 616 BGB vor, so ist der infektionsschutzrechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis zu dieser Normen nachrangig, da kein Verdienstausfall vorliegt. 

Fragerecht bzgl. Impfstatus?

In diesem Zusammenhang stellt sich (erneut) die hochumstrittene Frage nach einem möglichen Fragerecht des Arbeitgebers in Bezug auf den Impfstatus. Schließlich fungieren Arbeitgeber als Zahlstelle für die Entschädigungszahlungen und haben demnach ein erhebliches Informationsinteresse und auch ein Informationsbedürfnis in Bezug auf die Frage, welche Beschäftigten überhaupt für eine Entschädigung in Betracht kommen.

Eine gesetzliche Klärung dieser Frage ist bisher weitgehend ausgeblieben. Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber gemäß Art. 9 DS-GVO ja bereits die Frage nach entsprechenden Gesundheitsdaten verboten. Und nur für bestimmte Beschäftigungsgruppen wie Pflegekräfte und Lehrer:innen hat der Gesetzgeber ein Fragerecht im IfSG ausdrücklich gesetzlich verankert. 

Im Falle einer Quarantäne sprechen nun allerdings die besseren Argumente dafür, aus der Beschränkung der Entschädigungsleistungen auf geimpfte Beschäftigte ein Fragerecht des Arbeitgebers in Bezug auf den Impfstatus zumindest dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber nicht selbst zur Entgeltfortzahlung verpflichtet bleibt (§ 616 BGB, EFZG). Das heißt, dass jedenfalls Arbeitnehmer:innen, die Entschädigungsleistungen nach dem IfSG in Anspruch nehmen wollen, ihren Impfstatus gegenüber dem Arbeitgeber offenlegen müssen. Dies ergibt sich daraus, dass der Arbeitgeber hinsichtlich der Entschädigung in Vorleistung treten muss und in der Folge ein berechtigtes Interesse an der Frage hat, ob Beschäftigte aufgrund einer Impfung überhaupt noch zu Entschädigungsleistungen berechtigt sind. Dieser Auffassung schließen sich nun auch die ersten Landesdatenschutzbeauftragten an. Der LfDI Baden-Württemberg hat hierzu bereits Ende September ein entsprechendes Positionspapier veröffentlicht, welches ein Fragerecht in dieser Situation ebenfalls bejaht. 

Auskunftspflicht des Beschäftigten?

Wenn Beschäftigte den Impfstatus – und damit auch einen Erstattungsanspruch nach dem IfSG – bejahen, muss dies natürlich der Wahrheit entsprechen. Einen entsprechenden Auskunftsanspruch hat der Arbeitgeber aber nicht. Weder im IfSG noch im BDSG oder der DS-GVO ist eine entsprechende Auskunftspflicht des Beschäftigten verankert. Diese Gesetze regeln diesbezüglich lediglich Verarbeitungsbefugnisse, nicht jedoch Auskunftsansprüche. 

Das Fragerecht in der Praxis

Das Fragerecht des Arbeitgebers hinsichtlich einer Coronaschutz-Impfung ist im Übrigen nach wie vor hoch umstritten. Abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen kann ein generelles Fragerecht des Arbeitgebers zum Impfstatus jedenfalls nach der bisherigen Rechtslage wohl nicht bejaht werden. Arbeitgeber können aber nach wie vor auf Freiwilligkeit setzen und den Impfstatus auf freiwilliger Basis abfragen.

Fazit

Ungeimpfte Arbeitnehmer:innen erhalten im Falle einer Corona-Quarantäne zukünftig keine Entschädigungsleistungen mehr bei einem Verdienstausfall.

Wollen (geimpfte) Arbeitnehmer:innen eine Entschädigung beanspruchen, müssen sie zukünftig ihren Impfstatus offenlegen. 


Dr. Falko Daub, LL.M. (VUW)

Dr. Falko Daub ist spezialisiert auf die Begleitung komplexer Transaktionen und Restrukturierungen, die Beratung im Schnittfeld von Insolvenz und Arbeitsrecht sowie auf die Beratung zu Fragen der Organhaftung.

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