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In seiner Pressemitteilung Nr. 36/20 vom 13. Oktober 2020 stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG, wonach die Verwirkung von Rechten aus einer Betriebsvereinbarung ausgeschlossen ist, auch für Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung aus einer Betriebsvereinbarung gilt.
Was war passiert?
Der Kläger war seit 1955 bei der Beklagten beschäftigt. Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten war seit dem Jahr 1979 durch eine Betriebsvereinbarung (BV 1979) geregelt. Die BV 1979 wurde zum 1. Januar 1988 durch eine weitere Betriebsvereinbarung (BV 1988) geändert. Dabei wurde jedes Dienstjahr der ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit nach Inkrafttreten der BV 1988 mit 0,2 % des Arbeitseinkommens bewertet, statt wie zuvor nach der BV 1979 mit 0,4 %. Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 2003 nach 48 Jahren bei der Beklagten aus und bezieht seit dem 1. Januar 2004 eine Betriebsrente von der Beklagten.
Der Kläger verlangt die Zahlung einer höheren Betriebsrente mit der Begründung, dass die Ablösung der BV 1979 durch die BV 1988 mangels sachlich-proportionaler Gründe unzulässig sei und deshalb zur Ermittlung seiner Betriebsrente durchgängig der Steigerungsbetrag von 0,4 % (und nicht 0,2 %) heranzuziehen sei. Die Beklagte verweist demgegenüber u.a. auf ihre damalige wirtschaftliche Lage und hält dem Begehren des Klägers nach einer Neuberechnung seiner Betriebsrente den Einwand der Verwirkung entgegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Saarland hat die Berufung insoweit zurückgewiesen (Urteil vom 13. November 2020 – 1 Sa 1/19 -).
Die Revision des Klägers hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist der Anspruch des Klägers auf Berechnung seiner Betriebsrente und damit die Überprüfung der Wirksamkeit der Ablösung der BV 1979 durch die BV 1988 nicht aus dem aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsatz der Verwirkung ausgeschlossen. Der Kläger verfolgt ein Recht, das durch eine Betriebsvereinbarung eingeräumt wurde. Dieses ist von Gesetzes wegen nach § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG dem Einwand der Verwirkung entzogen.
Die Anwendbarkeit des § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG auf betriebliche Altersversorgungsansprüche aus Betriebsvereinbarungen ist überzeugend. Gleichwohl ist der Versuch der beklagten Arbeitgeberin, die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche mit dem Rechtsinstitut der Verwirkung abzuwehren, zunächst nicht fernliegend. Denn typischerweise werden Zweifel an der Wirksamkeit einer Ablösung von Versorgungszusagen erst Jahre oder Jahrzehnte später offenbar und von den Versorgungsempfängern gegenüber Unternehmen vorgebracht, so dass der Einwand der Verwirkung auf den ersten Blick nachvollziehbar erscheint. Arbeitgeber sollten sich allerdings bewusst sein, dass – jedenfalls wenn es sich um Versorgungszusagen und deren Ablösungen in Form einer Betriebsvereinbarung handelt – der Einwand der Verwirkung nach § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG ausgeschlossen ist. Unternehmen können folglich auf diese Weise nicht verhindern, dass eine (lange) zurückliegende Ablösung einer Versorgungszusage anhand der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten sog. Drei-Stufen-Theorie überprüft wird, was für Unternehmen als Versorgungsschuldner einen erheblichen Argumentationsaufwand und mitunter infolge teils lange zurückliegender Sachverhalte auch Nachweisbarkeitsschwierigkeiten mit sich bringt.
Ob die Klage begründet ist, konnte der Dritte Senat im konkreten Fall auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hatte zu den von der Beklagten vorgebrachten Gründen für die Ablösung der früheren Betriebsvereinbarung keine Feststellungen getroffen. Dies wird es im fortgesetzten Berufungsverfahren nachzuholen haben und entscheiden müssen, ob die Feststellungen ausreichen, um einen Eingriff auf dritter Stufe durch sachlich-proportionale Gründe zu rechtfertigen.
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