Bisheriger Stand der Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot im Rahmen von sachgrundlosen Befristungen
In den letzten Jahren wurden diverse Entscheidungen zum sogenannten Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG veröffentlicht. Danach ist eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) versuchte im April 2011 (Az. 7 AZR 716/09) diese vom Wortlaut her sehr weitreichende Regelung zu begrenzen. Es entschied, dass das Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht gelten sollte, wenn das vorhergehende Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bereits mehr als drei Jahre zurücklag.
Doch diese für Arbeitgeber sehr praktikable Rechtsprechung wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Juni 2018 (Az. 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) wegen unzulässiger Rechtsfortbildung gekippt. Das BVerfG erläuterte aber zugleich, dass die Fachgerichte durch eine verfassungskonforme Auslegung das Vorbeschäftigungsverbot einschränken müssten, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar sei. Nach Auffassung des BVerfG sei das der Fall, wenn eine Vorbeschäftigung entweder sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.
Im Jahr 2019 hat das BAG diese Kriterien des BVerfG in mehreren Entscheidungen konkretisiert. So wurde unter anderem entschieden, dass eine Vorbeschäftigung, die acht, dreieinhalb oder fünfeinhalb Jahre zurückliegt, nicht lange genug zurückliegt (Az. 7 AZR 733/16, 7 AZR 161/15, 7 AZR 13/17). Eine Vorbeschäftigung, die jedoch 22 Jahre zurückliegt, führt nicht zur Unzulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung (Az. 7 AZR 452/17). Des Weiteren wurde vom BAG entschieden, das eine Vorbeschäftigung mit einer Laufzeit von eineinhalb Jahren nicht von sehr kurzer Dauer sei und deshalb zur Unzulässigkeit der sachgrundlosen Befristung führen kann wegen Verstoßes gegen das Vorbeschäftigungsverbot. Außerdem ist eine Tätigkeit ganz anders geartet bei z.B. geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- oder Studienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht.
Auswirkungen der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen auf die Praxis
Trotz der mannigfaltigen Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot bleibt – verständlicherweise – eine gewisse Rechtsunsicherheit bei Arbeitgebern zurück. In vielen Unternehmen besteht gar nicht die Möglichkeit, intern zu prüfen, ob ein Bewerber in den letzten 22 Jahren schon einmal beschäftigt wurde, welcher Art seine Vorbeschäftigung war oder wie lange die Vorbeschäftigung bestand. Diese Daten sind regelmäßig nicht mehr vorhanden.
Viele Arbeitgeber sind deshalb dazu übergegangen, in Bewerbungsgesprächen und Personalfragebögen explizit nach einer Vorbeschäftigung beim Arbeitgeber zu fragen oder im Arbeitsvertrag eine Regelung aufzunehmen, in der der Arbeitnehmer bestätigt, dass er nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber gestanden hat.
Doch gerade der letztgenannten Möglichkeit hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG BW) nun in seinem Urteil vom 11. März 2020 eine Absage erteilt (Az. 4 Sa 44/19).
Entscheidung des LAG BW vom 11. März 2020
Eine Arbeitnehmerin hatte sich nach 15-jähriger Pause vom Arbeitsleben wieder bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber auf eine befristete Stelle beworben. Ihre Vorbeschäftigung beim Arbeitgeber dauerte fünf Monate, bevor ihr Arbeitsverhältnis qua Betriebsübergang zu einem anderen Arbeitgeber überging.
Im Lebenslauf der Arbeitnehmerin bestand hinsichtlich ihrer Vorbeschäftigung beim Arbeitgeber eine Lücke. Sie antwortete jedoch auf die Frage „Waren Sie schon in einem Betrieb der B.-Gruppe beschäftigt?“ im Personalbogen wahrheitsgemäß mit „Ja“. Im Arbeitsvertrag war folgende Regelung enthalten: „Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben.“ Die Arbeitnehmerin unterzeichnete den Vertrag.
Im Rahmen des Bestandsschutzverfahrens machte der Arbeitgeber geltend, die Arbeitnehmerin könne sich nicht auf das Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG berufen, da sie vertraglich bestätigt habe, dass sie bei dem Arbeitgeber nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe.
Dieser Argumentation folgte das LAG BW nicht. Es sah in der arbeitsvertraglichen Regelung eine unwirksame Vertragsklausel, mit der der Arbeitgeber versucht habe, die Beweislast zu Lasten der Arbeitnehmerin zu ändern. Bei der Vertragsklausel handele es sich um eine Tatsachenbestätigung, die dem Arbeitgeber das Bestreiten einer Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG erleichtere. Eine solche Regelung sei jedoch gemäß § 309 Nr. 12 lit. b BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – wie dem Arbeitsvertrag – unwirksam.
Ausblick
Die Entscheidung des LAG BW zeigt einmal mehr, wie schwierig es für Arbeitgeber ist, sich bei sachgrundlosen Befristungen im Hinblick auf das Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG abzusichern. Ein endloses Speichern aller Beschäftigungsdaten stößt sicherlich auf datenschutzrechtliche Bedenken. Es verbleibt daher nur die Möglichkeit, im Bewerbungsverfahren vor Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses explizit nach Vorbeschäftigungen beim Arbeitgeber zu fragen.