Will ein Arbeitgeber verhindern, dass ein Arbeitnehmer nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit seinem Know-How und seiner Erfahrung
bei der Konkurrenz anheuern, kann er dem Arbeitnehmer vorschlagen, ein
nachvertragliches Wettbewerbsverbot abzuschließen. Ein Arbeitnehmer wäre schlecht
beraten, dieses „kostenlos“ zu akzeptieren – setzt ein wirksames und
durchsetzbares Wettbewerbsverbot doch stets voraus, dass der Arbeitnehmer
mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen als sog.
Karenzentschädigung erhält.
Will der Arbeitgeber weniger als die Hälfte der zuletzt
bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zahlen, kann der Arbeitnehmer selbst
entscheiden, ob diese Summe ihm die Karenz noch wert ist. Will er sich daran
halten, ist er rechtlich nicht einmal verpflichtet, dies ausdrücklich zu
erklären. Es genügt, dass er Wettbewerb, wie vereinbart, unterlässt. Weil der
Arbeitgeber aber weder die innere Absicht des Arbeitnehmers noch dessen
Teilnahme am Wettbewerb unmittelbar erkennen kann, erlaubt die Rechtsprechung
dem Arbeitgeber, dies herauszufinden. Er ist berechtigt, dem Arbeitnehmer entsprechend
§ 264 Abs. 2 BGB eine angemessene Frist zur Erklärung über die
getroffene Wahl zu setzen. Läuft diese Frist ohne klärende Rückmeldung des
Arbeitnehmers ab, kann der Arbeitgeber selbst über die Geltung des
Wettbewerbsverbots entscheiden.
„Reden“ sollte der Arbeitnehmer in diesen Fällen also nur,
wenn er gefragt wird. Wie ein neues Urteil des BAG zeigt, sollte dies bei
Wettbewerbsverboten allgemein eine Handlungsmaxime sein. Mit Urteil vom 31.
Januar 2018 (Az.: 10 AZR 392/17) sprach das BAG einem Arbeitnehmer die begehrte
Karenzentschädigung ab, weil er ein – unnötiges – Wort zu viel gesagt hatte.
Der Arbeitnehmer hatte dort mit seinem Arbeitgeber ein
nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von drei Monaten vereinbart.
Hierfür war eine angemessene Karenzentschädigung in Höhe von 3.373,60€ mtl.
vereinbart, was die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen
ausmachte. Nachdem der Arbeitnehmer selbst gekündigt hatte und im ersten Monat
der Karenzzeit keine Entschädigung erhalten hatte, schrieb er am 1. des
Folgemonats seinen Arbeitgeber an und setzte ihm eine 3-tägige Frist zur
Zahlung der Karenzentschädigung für den ersten Monat. Als der Arbeitgeber
„mauerte“, legte der Arbeitnehmer nach und schrieb eine Woche nach seiner
ersten E-Mail erneut: „Bezugnehmend auf
Ihre E-Mail vom 01.03.2016 sowie das Telefonat mit Herrn B. möchte ich Ihnen
mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden
fühle.“ Gegen Ende des dritten Monats nach Ausscheiden klagte der
Arbeitnehmer, der tatsächlich durchgehend seit seinem Ausscheiden Wettbewerb
unterlassen hatte, auf Zahlung von 10.120,80€, der Karenzentschädigung für die
vollen drei Monate.
Das Arbeitsgericht Würzburg gab dem Arbeitnehmer zunächst
Recht und sprach ihm die volle Klagesumme zu. In der Berufungsinstanz beim LAG
Nürnberg wurde diese Entscheidung jedoch teilweise abgeändert. Einen Anspruch
auf Karenzentschädigung habe der Arbeitnehmer nur noch bis zum Zeitpunkt seiner
zweiten E-Mail, danach nicht mehr. Die
Erklärung des Arbeitnehmers in seiner zweiten E-Mail sei als
Rücktrittserklärung vom vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu
werten. Er habe unmissverständlich geäußert, an diesem Vertrag mit
gegenseitigen Rechten (Erhalt Karenzentschädigung) und Pflichten (Wettbewerbsenthaltung)
nicht mehr festhalten zu wollen. Für eine reine „Trotzreaktion“ als der sie der
reuige Arbeitnehmer später verstanden wissen wollte, sei sie zu eindeutig am
Vertrag und den gesetzlichen Vorgaben ausgerichtet gewesen. Da zum Unglück des
Arbeitnehmers auch die sonstigen Rücktrittsvoraussetzungen des § 323 BGB vorlagen
– der Arbeitgeber hatte die Zahlung der fälligen Karenzentschädigung nach
erneuter Fristsetzung unmissverständlich abgelehnt – war das nachvertragliche
Wettbewerbsverbot „ex nunc“ aufgehoben. Für die bisherige Wettbewerbsenthaltung
konnte der Arbeitnehmer also Karenzentschädigung fordern, für den übrigen
Zeitraum des vereinbarten Verbotszeitraums nicht.
Dieser Entscheidung des LAG Nürnberg gab das BAG nun im
Ergebnis und – soweit es die bislang nur vorliegende Presseerklärung erkennen
lässt – auch in der Begründung recht. Ob der Arbeitnehmer tatsächlich
gutgläubig war und nur seinem Ärger Luft machen wollte oder ob er im Prozess
seinen rechtstaktischen Fehler als Trotzreaktion verkaufen wollte, bleibt
unklar. Der Fall zeigt aber einmal mehr – im Zweifel ist Reden Silber und
Schweigen Gold.