Wichtiger Grund für eine
außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB kann auch eine schuldhafte
Verletzung von Nebenpflichten sein. Eine solche Nebenpflicht ist die Pflicht
zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des
Vertragspartners gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Aufgrund dieser
Pflicht ist es dem Arbeitnehmer verwehrt, sich ohne Einverständnis des
Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde
Zwecke zu vervielfältigen. Diese Verpflichtung wird durch § 17 UWG
ergänzt, der die Herstellung einer verkörperten Wiedergabe eines Geschäfts-
oder Betriebsgeheimnisses zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten
eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden
zuzufügen, unter Strafe stellt.
Leitet
ein Mitarbeiter E-Mails mit betrieblichen Informationen an seinen privaten
E-Mail Account weiter, um mit diesen betrieblichen Informationen seine neue
Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber vorzubereiten, stellt dies eine
schwerwiegende Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gemäß
§ 241 Abs. 2 BGB dar. Diese Pflichtverletzung kann eine
außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB rechtfertigen. Dies hat
das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg am 16. Mai 2017 entschieden. Der
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts lag folgender Fall zugrunde:
Der Mitarbeiter arbeitete
im Vertrieb und hatte sich innerhalb kürzester Zeit mehr als 200 E-Mails mit
firmeninternen Daten an seine private E‑Mailadresse gesandt. Wie sich
herausstellte, verhandelte der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt mit einem Konkurrenzunternehmen
seines Arbeitgebers über den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages. Nachdem
der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte er dem Mitarbeiter
außerordentlich fristlos. Der Mitarbeiter trat zwei Monate später seine
Tätigkeit bei dem Konkurrenzunternehmen an.
Das Landesarbeitsgericht
ging aufgrund der konkreten Vertragsverhandlungen zwischen dem Mitarbeiter und
dem Konkurrenzunternehmen – Übersendung eines konkreten Vertragsangebots, eines
Entwurfs einer Handlungsvollmacht und eines Fahrzeugüberlassungsvertrages –
davon aus, dass der Mitarbeiter sich die firmeninternen Daten seines
Arbeitgebers an seine private E-Mailadresse weitergeleitet hatte, um seine
Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber vorzubereiten und die firmeninternen
Daten seines bisherigen Arbeitgebers für seine neue Tätigkeit zu nutzen. Die
Übersendung der firmeninternen Daten an die private E-Mailadresse war dem Mitarbeiter
in keiner Weise gestattet und war darüber hinaus aufgrund des dienstlich zur
Verfügung gestellten Laptops für die Arbeit des Mitarbeiters auch nicht
erforderlich.
Das
Landesarbeitsgericht sah in der Weiterleitung der E-Mails mit den
firmeninternen Daten an den privaten E-Mail Account eine erhebliche
Pflichtverletzung des Mitarbeiters, weil sie darauf gerichtet war, die
geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers in erheblichem Maße zu beeinträchtigen.
Auch im Rahmen der Interessenabwägung war der potentiell erhebliche Schaden für
den Arbeitgeber zu berücksichtigen und führte im vorliegenden Fall dazu, dass
das Beschäftigungsinteresse des Mitarbeiters gegenüber dem Interesse des
Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
zurückzutreten hatte.