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Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

Inside Workplace Law

Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in Kleinstraten gerichtet ist, muss nicht erfüllt werden

Zwei Personen entspannen sich in Sonnenstühlen am Strand PWWL Illustration

Ein Zerspanungsmechaniker arbeitete bereits seit 1977 in seinem Betrieb. Während dieser Zeit waren ihm immer wieder halbe Urlaubstage gewährt worden, wenn er sie spontan brauchte. Seine Begründung dafür war, dass er je nach Wetterbedingungen und Rebenwachstum kurzfristig auf dem Weingut seiner Familie aushelfen musste. Nachdem der Betrieb 2015 auf einen neuen Arbeitgeber übergegangen war, wurden ihm in 2015 noch an 18 Tagen und in 2016 an 13 Tagen halbe Urlaubstage gewährt. 2017 eröffnete ihm sein Arbeitgeber, ihm künftig noch höchstens sechs halbe Tage Urlaub pro Jahr zu gewähren. Weitere halbtägige Urlaubsgewährungen seien ihm wegen der damit verbundenen Zusatzkosten und Dispositionsprobleme nicht zumutbar. Der Mechaniker wollte daher gerichtlich feststellen lassen, dass sein Arbeitgeber verpflichtet ist, ihm bis zu zehn ganze Urlaubstage in halben Tagen zu gewähren – und zwar unabhängig davon, ob dem betriebliche Gründe entgegenstünden.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab aber dem Arbeitgeber Recht und bestätigte die zuvor ergangene Klageabweisung durch das Arbeitsgericht Heilbronn (LAG Baden-Württemberg vom 6. März 2019 – 4 Sa 73/18).

Der Mechaniker könne seinen Anspruch schon auf keine gesetzliche Grundlage stützen. Generell müsse ein Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, § 7 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz BUrlG, und im Grundsatz sei er zur gewünschten Urlaubsgewährung verpflichtet. Ihm stehe aber ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn der gewünschten Urlaubsgewährung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang verdienen, § 7 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz BUrlG.

Außerdem sei Urlaub zusammenhängend zu gewähren, § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG. Dem liege die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass Urlaub der Erholung zu dienen hat. Ausgehend davon könne selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden. Eine Urlaubsgewährung von nur Bruchteilen eines Urlaubstags sei ohnehin gänzlich ausgeschlossen. Damit stehe dem Zerspanungsmechaniker jedenfalls kein gesetzlicher Anspruch zu, um seine Forderung durchzusetzen.

Möglich sei aber, dass der Arbeitgeber auf sein Leistungsverweigerungsrecht verzichte. Außerdem könnten die Arbeitsvertragsparteien in Bezug auf den übergesetzlichen Urlaub eine von diesen Grundsätzen abweichende Vereinbarung treffen. Eine entsprechende Vereinbarung konnte der Mechaniker aber nicht darlegen. Eine etwaige betriebliche Übung, die letztlich einen Anspruch aufgrund regelmäßiger Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers begründen kann, lag ebenfalls nicht vor. Sie müsse sich zumindest an abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern richten, wogegen sich der Mechaniker darauf berief, ein Einzelfall im Betrieb zu sein. Und auch eine vom Vertrag abweichende Konkretisierung der Urlaubsgewährungspraxis durch langfristige und erkennbar auf eine Vertragsänderung gerichtete Übung konnte der Mechaniker nicht zur Überzeugung des Gerichts vortragen.

Praxistipp: Die Frage, ob Urlaub auch in halben Tagen gewährt werden muss, kommt häufig im Zusammenhang mit Weihnachten und Silvester auf. Viele Arbeitsverträge enthalten keine explizite Regelung dazu, ob Urlaub auch halbtagsweise genommen werden kann, und verweisen „im Übrigen“ auf das Bundesurlaubsgesetz. In der Regel besteht dann keine Pflicht zu halbtagsweiser Urlaubsgewährung. Etwas Anderes kann sich aber aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben.

Dr. Thomas Thees
Dr. Thomas Thees

Thomas Thees ist spezialisiert auf Dienstvertragsrecht, Gesellschaftsrecht, Prozessführung, Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften sowie auf betriebliche Altersversorgung.

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