Die
Niederlande haben ihn bereits seit Jahren: Den gesetzlichen Rechtsanspruch auf
einen Tag Home Office pro Woche. Der gesellschaftliche Kollaps unseres
Nachbarlandes blieb dabei entgegen aller Kritiker aus. Ein Grund also, sich in
Deutschland am „Wet flexibel werken“ ein Vorbild zu nehmen, gibt es doch
hierzulande kein gesetzlich verankertes Recht auf Home Office. Mitarbeiter
können folglich nicht einseitig vom Arbeitgeber verlangen, von zu Hause aus zu
arbeiten.
In
Sachen Flexibilität am Arbeitsplatz hinkt unsereins im europäischen Vergleich
allemal deutlich anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den
skandinavischen Ländern hinterher. Nur zwölf Prozent aller abhängig Beschäftigten
in Deutschland arbeiten überwiegend oder gelegentlich von zu Hause aus. 40
Prozent könnten es aber in der Theorie sein.
Die
Pläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dies in Zukunft zu
ändern, stehen bereits in den Startlöchern: Ein gesetzlich verankertes Recht
auf Home Office soll noch dieses Jahr kommen. Ausgangspunkt dafür ist ein
Passus im Koalitionsvertrag, nach dem die Regierungsparteien einen gesetzlichen
Rahmen für die Tätigkeit am heimischen Schreibtisch schaffen wollen. Arbeitgeber
sollen künftig zur Genehmigung von Heimarbeit verpflichtet werden, sofern sie
nicht konkret begründen müssen, warum dies nicht möglich ist. Ein
Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor, so dass die genaue Ausgestaltung des
Anspruchs und seiner Voraussetzungen abzuwarten bleibt.
Home Office als Aushängeschild der Work-Life-Balance
Der
Wunsch nach Flexibilität beim Arbeitsplatz unter Arbeitnehmernsteigt,
Arbeitgeber tun sich aber bislang bis auf wenige Ausnahmen noch schwer. Zu groß
die Befürchtung, dass sich Mitarbeiter im Home Office isoliert fühlen, ein
Austausch mit anderen Mitarbeitern nicht mehr gewährleistet ist oder aber der
Arbeitgeber die Leistungen des Arbeitnehmers aus der Ferne nicht mehr
hinreichend kontrollieren kann.
Allerdings
sollte die Möglichkeit des Home Office auch als Chance der Arbeitgeber
verstanden werden, den verstärkt aufkommenden Wunsch der Arbeitnehmer auf
Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit zu entsprechen und möglicherweise
„schwierigen“ Lebensphasen wie Kindererziehung, längeren Krankheiten und
Pflegefällen mit Home-Office-Lösungen zu begegnen. Das Thema Work-Life-Balance
ist schließlich in der Arbeitswelt keine Unbekannte mehr.
Schriftliche Dokumentation der Home-Office-Regelung unumgänglich
Wenn
Arbeitnehmern ein vertragliches Recht auf Home Office zugestanden wird, sollte
bedacht werden, dass zahlreiche Gesichtspunkte zu regeln sind. Oftmals wird das
Thema Home Office nur unter der Überschrift „Arbeitsort“ in ein oder zwei
knappen Sätzen vertraglich festgehalten. Eine weitergehende vertragliche
Vereinbarung zur Ausgestaltung der Home Office-Tätigkeit ist jedoch für beide
Seiten überaus sinnvoll, bestehen doch viele klärungsbedürftige Fragen, die
sich in diesem Zusammenhang stellen.
Unklar
ist dabei oft, in welchem Umfang der Mitarbeiter im Home Office arbeiten kann
und ob es feste Home-Office-Tage gibt oder der Mitarbeiter alternativ dauerhaft
aus dem Home Office arbeitet. Festgehalten werden sollte außerdem, mit welcher
Ankündigungsfrist und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber
ausnahmsweise die Anwesenheit im Betrieb verlangen kann und ob die spontane
Heimarbeit erlaubt ist bzw. es auch für den Mitarbeiter bestimmte
Ankündigungsfristen einzuhalten gilt.
Sorglosigkeit schützt vor Verantwortlichkeit nicht
Das
Home Office ist kein rechtsfreier, privater Raum: Die Verantwortlichkeit des
Arbeitgebers für die Einhaltung von Arbeitszeitrecht, Arbeitsschutzgesetzen und
Datenschutzrecht endet nicht damit, dass er die Beschäftigung in das
Home-Office „auslagert“.
Wenig
verwunderlich muss nämlich unter anderem auch das Arbeitszeitgesetz im Home
Office beachtet werden. Insofern ist vor allem klärungsbedürftig, ob der
Mitarbeiter ständig – z.B. während der betrieblichen Kernarbeitszeiten –
erreichbar sein muss und wie die Arbeitszeit dokumentiert wird.
Soweit
der Arbeitsplatz im Homeoffice regelmäßig und dauerhaft genutzt wird,
unterliegt er außerdem den Arbeitsschutzbestimmungen. Vor diesem Hintergrund
stellt sich die Frage, welche Arbeitsmittel – wie Laptop, Smartphones, Drucker
und Büromöbel – vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus
ist es sinnvoll, ein Zutrittsrecht des
Arbeitgebers zur Privatwohnung mit entsprechenden Ankündigungsfristen zu
vereinbaren, damit dieser die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen
regelmäßig prüfen kann.
Auch
der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist ein Thema, das sich bei
der Heimarbeit verschärft stellt: Besteht eine generelle Erlaubnis des
Arbeitnehmers für die Mitnahme von Unterlagen in das Home Office? Gibt es eine
Regelung zur Sicherung des Arbeitsplatzes, um den Zugriff unbefugter Dritte zu
verhindern?
Bei all diesen zu klärenden arbeitsrechtlichen Fragen sollte jedoch
weder heute noch in Zukunft in Vergessenheit geraten, dass der Wunsch des
Arbeitnehmers nach Flexibilität beim ortsunabhängigen Arbeiten und das
betriebliche Interesse des Arbeitgebers stets in Einklang zu bringen sind.