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Inside Workplace Law

Thomas Wahlig zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Personen im Meeting tauschen sich aus

Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt

Das Bundeskabinett hat am 31.03.2021 den Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes beschlossen. Problem- und Ausgangslage der Gesetzgebungsinitiative ist der stetige Rückgang der Anzahl der Betriebsräte in bundesdeutschen Unternehmen in den letzten zehn Jahren. 

Ziel des Gesetzgebungsverfahrens ist daher die Förderung der Betriebsratsgründung, der Betriebsratswahl und der Betriebsratsarbeit insgesamt. Zudem sieht das Gesetz Anpassungen des Sprecherausschussgesetzes, der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung und des Kündigungsschutzgesetzes vor.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht in dem Gesetzesentwurf zudem eine Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung im Zeitalter der Digitalisierung:

„Mit dem Gesetz soll eine für die Betriebsratsarbeit sachgerechte und dauerhafte Regelung für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz geschaffen werden. Des Weiteren wird klargestellt, dass Betriebsvereinbarungen auch unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden können. Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit nach der Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679) soll bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat gesetzlich klargestellt werden. Es ist zudem ein wichtiges arbeits- und familienpolitisches Anliegen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ortsflexibel arbeiten können und dies auch in den Betrieben gefördert wird.“

Der Gesetzesentwurf enthält unter anderem folgende Regelungen: 

  • Im BetrVG wird zur Förderung der Betriebsratswahlen der Anwendungsbereich des verpflichtenden vereinfachten Wahlverfahrens und des vereinfachten Wahlverfahrens nach Vereinbarung sowohl für die Wahl des Betriebsrats als auch für die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung ausgeweitet. 
  • Die Anfechtung von Betriebsratswahlen wegen Fehlern in der Wählerliste wird unter bestimmten Vorgaben eingeschränkt. 
  • Es wird ein besonderer Kündigungsschutz gegen ordentliche, verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen für Arbeitnehmerinnen eingeführt, die ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats in einer notariell beglaubigten Erklärung dokumentieren und entsprechende Vorbereitungshandlungen unternehmen. Die Zahl der gegen ordentliche Kündigungen besonders geschützten Einladenden zu Wahlversammlungen wird von drei auf sechs erhöht.
  • Zur Verbesserung der Teilhabe von Auszubildenden wird die Altersgrenze für Auszubildende bei der Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung gestrichen. Zukünftig kommt es für das aktive und passive Wahlrecht von Auszubildenden zur Jugend- und Auszubildendenvertretung nur noch auf den Status als Auszubildender an. 

Zudem sieht der Entwurf weitere folgende Regelungen vor:

  • Das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte bei der Berufsbildung wird gestärkt und die Einschaltung der Einigungsstelle zur Vermittlung ermöglicht. 
  • Zur Förderung mobiler Arbeit wird in § 87 Absatz 1 BetrVG ein neues Mitbestimmungsrecht eingeführt. 
  • Betriebsratsarbeit soll künftig, auch außerhalb der Covid-19-Pandemie, rechtssicher unter Einsatz moderner Kommunikationsmittel möglich sein. Betriebsräte sollen deshalb, unter Achtung des Vorrangs der Präsenzsitzung, alleine und frei entscheiden können, ob sie bei der Durchführung von Betriebsratssitzungen auf Video- und Telefonkonferenzen zurückgreifen. Wenn ein Viertel der Betriebsratsmitglieder widerspricht, muss eine Präsenzsitzung stattfinden.
  • Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleich und Sozialplan können künftig mit qualifizierter elektronischer Signatur abgeschlossen werden. Entsprechendes wird für den Spruch der Einigungsstelle klargestellt.
  • Es erfolgt eine Klarstellung, dass der Arbeitgeber bei der Verarbeitung personenbezogener Daten der Verantwortliche im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung ist. Der Betriebsrat und der Arbeitgeber werden verpflichtet, sich bei der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften gegenseitig zu unterstützen. Mit dieser Regelung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Betriebsrat einerseits im Rahmen seiner Tätigkeit mit personenbezogenen Daten in Kontakt kommt, andererseits aber rechtlich nach außen nicht verselbständigt ist.

Im Hinblick auf die Einbindung des Betriebsrats beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird: 

  • festgelegt, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen beim Einsatz von KI für den Betriebsrat als erforderlich gilt; 
  • klargestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch dann gelten, wenn der Einsatz von KI im Betrieb vorgesehen ist; 
  • sichergestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Festlegung von Richtlinien über die personelle Auswahl auch dann Anwendung finden, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von KI erstellt werden. 

Fazit

Es handelt sich um eine teilweise sinnvolle und notwendige, in Teilen aber auch überflüssige und eher politisch motivierte Modernisierung des Betriebsverfassungsgesetzes. Leider werden immer nur vermeintliche oder tatsächliche Lücken der Mitbestimmung gefüllt, nicht aber die Regelungstatbestände angepasst, die sich in der Praxis als untauglich und mißbrauchsanfällig erwiesen haben, wie zum Beispiel die viel zu weit geratene Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung neuer Software im Unternehmen. Die Klarstellungen des Gesetzes zur Rolle des Betriebsrates im Sinne des Datenschutz-Grundverordnung werden diesen eher motivieren, sich noch stärker als Hüter des betrieblichen Datenschutzes zu gerieren, obwohl dies eine originäre Aufgabe des Datenschutzbeauftragten sein sollte. 

Thomas Wahlig

Thomas Wahlig ist spezialisiert auf Unternehmenskäufe und –restrukturierungen, Betriebsübergangsrecht, Tarifrecht, komplexe Gerichtsverfahren sowie auf die Einführung von Arbeitszeitmodellen und Vergütungssystemen.

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