Der EuGH entschied am 17.4.2018 (C-414/16), dass kirchliche
Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen Vorgaben zur Konfession von
Bewerbern machen können und diese Vorgaben gerichtlich voll überprüfbar sind.
Die konfessionslose Vera Egenberger bewarb sich auf eine vom
Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung, einem Hilfswerk der
Evangelischen Kirche in Deutschland, ausgeschriebene Stelle als Referentin für
das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“. Laut Ausschreibung
wurde die Mitgliedschaft in einer evangelischen bzw. einer der ACK
(Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland) angehörenden Kirche
sowie ein entsprechender Nachweis vorausgesetzt. Frau Egenberger wurde nicht
zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Eingestellt wurde ein evangelischer Christ
mit deutsch-ghanaischer Herkunft.
Frau Egenberger klagte auf eine Entschädigung gemäß § 15
Abs. 2 AGG wegen Diskriminierung aufgrund der Religion. Das Verfahren ging
durch alle nationalen Instanzen. Das BAG wandte sich an den EuGH insbesondere mit
der Frage, ob das kirchliche Privileg der Selbstbestimmung dazu führt, dass ein
Arbeitgeber wie das Evangelische Werk selbst bestimmen kann, ob eine bestimmte
Religionszugehörigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt
und die nationalen Gerichte diesbezüglich lediglich eine
Plausibilitätskontrolle vornehmen dürfen.
Der EuGH stellte klar, dass nach Art. 4 Abs. 2 der
Richtlinie 2000/78/EG (der in § 9 Abs. 1 AGG umgesetzt wurde) eine Kirche
oder vergleichbare Organisation eine Religionszugehörigkeit dann verlangen
kann, wenn die Religion nach der Art der fraglichen Tätigkeit oder den
Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte
berufliche Anforderung darstellt. Die Einhaltung dieser Kriterien obliegt der
vollen gerichtlichen Kontrolle. Eine lediglich auf Plausibilität beschränkte
Kontrolle genügt dem Recht auf wirksamen gerichtlichen Schutz der aus dem Unionsrecht
erwachsenden Rechte nicht.
Bei der Prüfung, ob in der Religionszugehörigkeit eine
wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderungen liegt,
ist nach der Entscheidung des EuGH auf folgende Aspekte abzustellen: Ist die
Anforderung notwendig und angesichts des Ethos der Kirche/Organisation objektiv
geboten? Dies kann sich zum einen aus der Art der Tätigkeit (z.B. Verbindung
zum Verkündungsauftrag), zum anderen aus den Umständen der Ausübung (z.B.
Notwendigkeit, für eine glaubwürdige Vertretung der Kirche/Organisation nach
außen) ergeben. Aus dem Wort „gerechtfertigt“ leitet der EuGH her, dass die
Kirche/Organisation im Streitfall die Wahrscheinlichkeit und Erheblichkeit der Gefahr
einer Beeinträchtigung ihres Ethos oder ihres Rechts auf Autonomie darlegen
muss. Die Anforderung muss überdies verhältnismäßig sein.
Künftig sollten kirchliche Arbeitgeber daher genau prüfen,
ob die Ablehnung/Nichtberücksichtigung eines Bewerbers wegen fehlender
Religionszugehörigkeit im Hinblick auf die konkret ausgeschriebene Stelle
zulässig ist. Im Streitfall prüft das Arbeitsgericht, ob die Forderung der
Religionszugehörigkeit notwendig, objektiv geboten und verhältnismäßig ist. Die
Darlegungslast hierfür liegt nach Auffassung des EuGH beim kirchlichen
Arbeitgeber.