Verfolgt
man heutzutage die Nachrichten, trifft man immer häufiger auf prominente
Whistleblower, von Edward Snowden über Chelsea Manning bis zu Jeffrey Wigand.
Snowden
floh vor einer Anklage wegen Spionage über Hongkong nach Russland, um dort Asyl
zu beantragen. Seitdem lebt er im Exil, getrennt von seiner Familie. Manning
wurde zu 35 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Beide Whistleblower haben einen
hohen Preis dafür bezahlt, dass sie illegale Vorgänge bei ihren Arbeitgebern
aufgedeckt haben.
Whistleblowing
steht im Spannungsfeld zwischen einem berechtigten öffentlichen Interesse an
der Aufklärung von Verstößen gegen geltendes Recht und dem ebenfalls
berechtigten Geheimnisschutz bzw. Schutz vor Rufschädigung der Arbeitgeber.
Die
EU-Richtlinie verfolgt nicht nur das Ziel, Meldesysteme verbindlich zu machen,
sondern auch, Whistleblower zu schützen.
Die neue
Whistleblower-Richtlinie
Am
16. April 2019 hat das Europäische Parlament die Richtlinie zum Schutz von
Personen, die Verstöße gegen Unionsrecht melden (2018/0106 COD) verabschiedet. Der
Europäische Rat hat die Richtlinie am 7. Oktober 2019 verabschiedet. Sie tritt
20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.
Die
Mitgliedstaaten haben ab dem Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in
nationales Recht umzusetzen. Eine besondere Herausforderung, die zukünftigen
gesetzlichen Anforderungen umzusetzen, werden kleinere bis mittelständige
Unternehmen haben. Unternehmen, die bereits über Whistleblower-Meldesysteme
verfügen, müssen diese überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Kernpunkt ist die Pflicht zur Einrichtung von Meldekanälen für Hinweisgeber
Unternehmen
ab 50 Mitarbeitern oder mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro
Jahresumsatz werden verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten. Unabhängig
vom Erreichen der Schwellenwerte müssen Unternehmen in bestimmten Branchen, z.B.
Finanzdienstleister, Meldesysteme einrichten. Den nationalen Gesetzgebern steht
es frei, strengere Anforderungen zu regeln.
Verpflichtend
ist das System aber nur für Verstöße gegen EU-Recht. Die Richtlinie enthält
eine Aufzählung der einschlägigen Rechtsvorschriften, zu denen z.B. auch die
Datenschutz-Grundverordnung zählt. Die nationalen Gesetzgeber können die
Verpflichtung aber auch auf andere Bereiche erweitern.
Das
Meldesystem muss grundsätzlich so ausgebaut werden, dass Whistleblower die
Hinweise schriftlich, persönlich oder telefonisch abgeben können. Ein zentrales
Anliegen der Richtlinie ist, dass die Identität der Hinweisgeber vertraulich
behandelt und eine pflichtgemäße Untersuchung auf Grundlage der Hinweise
durchgeführt wird. So sollen den Unternehmen die Möglichkeiten gegeben werden,
Verstöße diskret ahnden zu können. Whistleblower sind innerhalb von drei
Monaten über die eingeleiteten Maßnahmen zu informieren.
Die
Whistleblower-Richtlinie sieht vor, zunächst die internen Whistleblowing-Kanäle
zu nutzen. Leitet die intern zuständige Stelle innerhalb von drei Monaten keine
Abhilfemaßnahmen ein, so kann sich der Whistleblower an die zuständige Behörde
richten. Es steht dem Arbeitnehmer aber auch offen, sich direkt an Externe zu
wenden. Bei diesem sog. externen Whistleblowing, können die Verstöße gegen das
EU-Recht an die jeweils zuständigen Behörden übermittelt werden. Es besteht
zwar kein genereller Vorrang der internen gegenüber der externen Meldung von
Verstößen, trotzdem verfolgt die Richtlinie grundsätzlich ein dreistufiges
Eskalationsmodel. Die interne Meldung steht am Anfang, in bestimmten Fällen kann
sie durch eine externe Meldung ergänzt oder ersetzt werden. Die Weitergabe der
Informationen an öffentliche Medien ist nur in Ausnahmefällen möglich.
Die
Richtlinie sieht neben dem verpflichtenden Meldesystem insbesondere den Schutz
der Whistleblower vor. Vergeltungsmaßnahmen oder die Androhung von
Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hinweisgeber sind verboten.
Orientierungshilfe der Deutschen Datenschutzkonferenz
Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben bereits im Jahr 2018 eine Orientierungshilfe zu Whistleblowing-Hotlines veröffentlicht. Soweit es um den Schutz der personenbezogenen Daten der Meldenden, der Betroffenen aber auch Dritter (z.B. Zeugen) geht, nimmt die Orientierungshilfe weitestgehend das vorweg, was nun in der Richtlinie steht.