Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen sind
in der Praxis weit verbreitet. Sie sehen vor, dass die Ansprüche beider
Parteien verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist ab
Fälligkeit geltend gemacht werden. Durch eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag
kann daher für beide Vertragsparteien zeitnah Rechtssicherheit und -klarheit
darüber erzielt werden, ob für einen bestimmten Zeitraum noch offene Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. In aller Regel sind Ausschlussfristen durch
den Arbeitgeber vorformuliert und unterliegen damit der AGB-Kontrolle gemäß §§
305 ff. BGB.
Seit Inkrafttreten des
Mindestlohngesetzes (MiLoG) zum 1.
Januar 2015 ist die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen vermehrt
Thema in Literatur und Rechtsprechung. Ausgangspunkt der teils kontroversen
Diskussion ist die Regelung in § 3 Satz 1 MiLoG, wonach Vereinbarungen, die den
Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken
oder ausschließen, insoweit unwirksam sind. Arbeitsvertragliche
Ausschlussfristen – insbesondere in vor 2015 geschlossenen Arbeitsverträgen – enthalten
meist keine einschränkende Klarstellung dahingehend, dass gesetzliche Ansprüche
aus dem MiLoG nicht dem Verfall unterliegen. Vor diesem Hintergrund wird teilweise
vertreten, Ausschlussfristen ohne eine entsprechende ausdrückliche
Einschränkung seien insgesamt unwirksam – sowohl im Hinblick auf Ansprüche aus
dem MiLoG, als auch im Hinblick auf alle anderen arbeitsvertraglichen
Ansprüche. In diesem Fall würden anstelle der Ausschlussfrist die gesetzlichen
Verjährungsfristen greifen. Die Regelverjährungsfrist beträgt drei Jahre ab dem
Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von
den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis
erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Dieser Auffassung ist das LAG Nürnberg
jüngst entgegen getreten (LAG Nürnberg vom 9. Mai 2017 – Az. 7 Sa 560/16, AuA
2017, 484). In dem entschiedenen Fall trat der Arbeitnehmer im Januar 2014 und
damit vor Inkrafttreten des MiLoG bei dem Arbeitgeber ein. Sein Verdienst lag
deutlich über dem ab 1. Januar 2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohn. Der
Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers enthielt eine zweistufige Ausschlussfrist, die
sich auf sämtliche Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis bezog. Nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2015 machte der Arbeitnehmer
Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und finanziellen Ausgleich für geleistete
Überstunden geltend. Obwohl die Ansprüche zunächst fristwahrend gegenüber der
Gegenseite geltend gemacht worden waren, versäumte es der Arbeitnehmer,
entsprechend der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist innerhalb von drei
Monaten nach Ablehnung der geltend gemachten Ansprüche durch die Gegenseite
Klage zu erheben.
Das LAG Nürnberg hat die Klage aufgrund
dieser Verspätung abgewiesen, da es die geltend gemachten Ansprüche als
verfallen ansieht. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist bewertete das
Gericht insoweit als wirksam, obwohl Ansprüche nach dem MiLoG entgegen § 3 Satz
1 MiLoG nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Ausschlussfrist
ausgenommen waren. Zur Begründung stütze sich das LAG Nürnberg auf den Wortlaut
des § 3 Satz 1 MiLoG, wonach Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn
unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen nur
„insoweit“ unwirksam sind. Hieraus ergibt sich nach Ansicht des Gerichts, dass
die Ausschlussfrist gerade nicht insgesamt unwirksam ist, sondern nur im Hinblick
auf Ansprüche aus dem MiLoG. Um solche ging es vorliegend jedoch nicht, da das
Einkommen des Arbeitnehmers deutlich über dem Mindestlohn lag.
Da die Rechtsfrage, ob
arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, die Ansprüche nach dem MiLoG nicht
ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausnehmen, insgesamt gemäß §§ 305 ff.
BGB unwirksam sind, umstritten und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist,
hat das LAG Nürnberg zu Recht die Revision zum BAG zugelassen. Diese ist unter
dem Aktenzeichen 9 AZR 262/17 anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG
der Auffassung des LAG Nürnberg anschließen wird. In einer Entscheidung aus
August 2016 hatte das BAG eine vertragliche Ausschlussfrist, in der Ansprüche
auf das gesetzliche Mindestentgelt in der Pflege (§ 2 PflegeArbbV) nicht
ausdrücklich ausgeschlossen waren, als gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
intransparent und insgesamt unwirksam bewertet. Anders als in dem durch das LAG
Nürnberg entschiedenen Fall ging es jedoch nicht um das MiLoG und damit
insbesondere nicht um die rechtliche Bedeutung der Formulierung „insoweit“ in §
3 Satz 1 MiLoG. Zudem lag dem Fall des BAG ein Arbeitsvertrag zugrunde, der
drei Jahre nach Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestentgelts in der Pflege
abgeschlossen worden war. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich das BAG zu der
Formulierung des § 3 Satz 1 MiLoG positionieren wird und inwieweit das BAG
zwischen Altverträgen, die vor Inkrafttreten des MiLoG abgeschlossen und in der
Zwischenzeit nicht verändert wurden, und Neuverträgen differenzieren wird.