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Home-Office in Zeiten einer Pandemie: Was muss ein Arbeitgeber eigentlich beachten?

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Die Corona-Pandemie beherrscht seit Wochen das Leben aller. In einigen Branchen sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer besonders schwer betroffen und mussten die Arbeit vollständig einstellen. In anderen Branchen steht die Arbeit nicht still und Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben sich organisiert. Ein häufig genutztes Mittel dabei ist das sog. Home-Office. 

Die Arbeit im Home-Office kann einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen das Virus und zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes für die Arbeitnehmer leisten. Home-Office ist in diesen Zeiten zudem ein wichtiges Mittel zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und der Handlungsfähigkeit der Arbeitgeber.

Von manchem Arbeitnehmer lang ersehnt, wurde Home-Office von manchem Arbeitgeber bisher kritisch beäugt. Andere Arbeitgeber praktizieren Home-Office seit längerem erfolgreich. Derzeit kommt kaum ein Arbeitgeber ohne Home-Office aus. Es wird einfach und pragmatisch praktiziert. Gleichwohl gibt es für die Durchführung von Home-Office verschiedene arbeitsrechtliche Aspekte, die ungeachtet der Corona-Pandemie berücksichtigt werden müssen. Dies gilt auch unabhängig davon, ob die Corona-Pandemie die Arbeitswelt noch länger im Griff hat oder bei einigen Arbeitgebern wieder schrittweise zu einem normalen Betriebsablauf zurückgekehrt werden kann. Das in den vergangenen Wochen bewährte Home-Office wird faktisch nicht wieder gänzlich abgeschafft werden können. 

Anspruch auf Home-Office

Als Home-Office wird umgangssprachlich die Erbringung der Arbeitsleistung im Privatbereich des Arbeitnehmers bezeichnet. Ein allgemeingültiger Anspruch des Arbeitnehmers auf Home-Office besteht – auch in Zeiten von Corona – grundsätzlich nicht. Der Grund liegt darin, dass es in der Regel dem Arbeitgeber obliegt, über Inhalt, Zeit sowie Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen (vgl. § 106 GewO). Der Arbeitgeber kann daher zunächst nach billigem Ermessen entscheiden, wo der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, sofern dies nicht durch geltende Bestimmungen im Arbeitsvertrag eingeschränkt ist. 

Allerdings ist der Arbeitnehmer grundsätzlich auch nicht verpflichtet, im Home-Office zu arbeiten oder die Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber zu dulden. Es ist eine Pflicht des Arbeitgebers, einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Zusammengefasst besteht ohne eine weitergehende Regelung grundsätzlich kein Recht auf, noch eine Pflicht zum Arbeiten im Home-Office.

Etwas anderes kann sich aus arbeitsvertraglichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen (z.B. Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen) ergeben. Ggf. bestehen bereits Regelungen zum Home-Office. Diese können einerseits einen Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeiten im Home-Office begründen und andererseits auch die Grundlage für ein Anweisen von Home-Office durch den Arbeitgeber sein.

Aus aktuellem Anlass der Corona-Pandemie ist gleichwohl zu überlegen, ob Arbeitnehmer derzeit in bestimmten Fällen einen Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office haben. Dies könnte unter Umständen Arbeitnehmer aus sogenannten Risikogruppen betreffen. Der Anspruch könnte ggf. aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet werden. Dies wird jedoch zwingend einer Einzelfallabwägung bedürfen. Angesichts der genannten Grundsätze wird man einen Anspruch auf Arbeiten im Home-Office nur in besonderen Ausnahmefällen annehmen können. Dabei müssen zudem die tatsächlichen (Home-Office taugliche Tätigkeit und Berücksichtigung der betrieblichen Interessen) und die technischen Voraussetzungen gegeben sein. Auch die Bestimmungen zum Arbeitnehmerschutz am Arbeitsplatz und des Datenschutzes müssen erfüllt sein, denn der Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass ihn der Arbeitgeber unter Missachtung des geltenden Rechts beschäftigt.

Möglichkeit zur Anordnung von Home-Office durch den Arbeitgeber

Bestehen bereits vertragliche oder kollektivrechtliche Vereinbarungen zum Home-Office, können diese eine rechtliche Grundlage für die Anordnung des Arbeitens im Home-Office in den Grenzen der jeweiligen Vereinbarung sein. 

Im Übrigen ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zur Arbeit im Home-Office verpflichtet, denn es obliegt dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. 

Sofern das Direktionsrecht gemäß § 106 GewO des Arbeitsgebers bzgl. des Ortes der Arbeitsleistung nicht durch vertragliche oder kollektivrechtliche Bestimmungen beschränkt ist, könnte angesichts der aktuell außergewöhnlichen Situation gleichwohl im Einzelfall eine Anordnung zur Arbeit im Home-Office in Betracht kommen. Die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber erfolgt gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen. Dies erfordert eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen. Im Fall der Corona-Pandemie kann es im Rahmen der wechselseitigen Loyalität geboten sein, dass der Arbeitnehmer auch im Home-Office tätig wird. Eine pauschale Annahme wie auch eine pauschale Ablehnung einer Pflicht zur Arbeit im Home-Office verbietet sich daher. Zu den Umständen des Einzelfalles wird man unter anderem die private Wohnsituation des Arbeitnehmers, die geschuldete Tätigkeit und deren Home-Office-Tauglichkeit sowie die betriebliche Notsituation zählen müssen. Zudem muss sichergestellt sein, dass die geltenden Bestimmungen zum Arbeitnehmer- und zum Datenschutz eingehalten werden können.

Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Die Tätigkeit im Home-Office begründet eine Vielzahl von Berührungspunkten zu den Beteiligungsrechten des Betriebsrats. Ein eigenständiges Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG des Betriebsrats existiert zwar nicht. Gleichwohl sind durch die rechtliche Komplexität des Home-Office die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in verschiedenster Hinsicht betroffen. 

Zum einen besteht hinsichtlich der Einführung von Home-Office ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht. Anderseits betrifft das Home-Office Regelungsbereiche, die von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasst sind. Dabei sind vorrangig der Arbeitsplatzschutz nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG oder die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung von technischen Einrichtungen, die eine Überwachung des Arbeitnehmers ermöglichen, zu nennen. Letztere sind z.B. die elektronischen Arbeitsmittel einschließlich der genutzten Software. Aber auch die Lage der Arbeitszeit (mitbestimmt nach § 87 Abs. 1 Nr. 2) oder Änderungen der Dauer der betriebsüblichen Arbeitszeit (mitbestimmt nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) können mit dem durch die Corona-Pandemie begründeten Home-Office einhergehen. 

Zu beachten ist zudem, dass die Aufnahme der Tätigkeit im Home-Office zugleich eine Versetzung i.S.d. § 99 BetrVG darstellen kann und der Betriebsrat entsprechend anzuhören ist. Eine Versetzung i.S.d. BetrVG ist nach § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Gerade bei permanentem Arbeiten im Home-Office ist es angesichts der Veränderung des Arbeitsortes, aber auch der Änderung der sonstigen Bedingungen naheliegend, dass dies eine beteiligungsrelevante Versetzung darstellt. Vor dem Hintergrund der bisherigen Dauer der Corona-Pandemie und der ungeklärten Frage, wann wieder mit einer gewissen Normalität gerechnet werden kann, ist zwingend zu prüfen, ob die bereits gelebten Formen des Home-Office nunmehr im Einzelfall eine Versetzung darstellen und der Betriebsrat anzuhören ist. In den meisten Fällen dürfte dabei zu erwarten sein, dass eine pragmatische Vorgehensweise zur Wahrung der Rechte des Betriebsrats mit diesem vereinbart werden kann.

Faktisch kann daher Home-Office ohne die Beteiligung des Betriebsrats in dem meisten Fällen nicht eingeführt werden und umgesetzt werden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bereits hinreichend beachtet worden sind bzw. wie zügig und pragmatisch der Betriebsrat eingebunden werden kann. Um die Rechte des Betriebsrates nicht auszuhöhlen, empfiehlt sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Home-Office. Durch diese Vorgehensweise wird eine gesonderte Vereinbarung mit jedem einzelnen Arbeitgeber entbehrlich. 

Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz

Neben den Beteiligungsrechten des Betriebsrats bestehen noch weitere rechtliche Vorgaben, die bei der Umsetzung von Home-Office zu beachten sind. 

Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung gelten auch im Home-Office. Daher bleibt der Arbeitgeber für deren Einhaltung auch weiterhin verantwortlich und sollte sich dementsprechend – unter Mitwirkung des Arbeitnehmers – um sichere Arbeitsplätze bemühen und den Arbeitnehmer umfassend hierzu aufklären.

Auch die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes sind im Home-Office einzuhalten. Das gilt insbesondere für die Höchstarbeitsgrenzen, Pausenregelungen und Ruhezeiten. Damit dies sichergestellt wird, ist ein effektives Monitoring empfehlenswert. Dies erfordert, dass die täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Pausen des Arbeitsnehmers im Home-Office erfasst werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es geboten, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes System zur Arbeitszeiterfassung zur Verfügung stellt. Auch wenn dies so noch nicht im Arbeitszeitgesetz ausdrücklich verankert ist, ist es dringend empfehlenswert, dass der Arbeitgeber eine tägliche Erfassung der Arbeitszeiten des Arbeitnehmers sicherstellt und den Arbeitnehmer anweist, diese gestellten Möglichkeiten auch zu nutzen. 

Daneben gilt es auch die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Demnach muss der Arbeitgeber den Datenschutz auch bei einem Arbeiten im Home-Office sicherstellen. Dafür müssen insbesondere die entsprechenden technischen Vorkehrungen (z.B. Passwortschutz) getroffen werden. Zu beachten ist zudem, dass der Arbeitnehmer ggf. nicht allein im Haushalt lebt. So sollte der Arbeitnehmer angewiesen werden, sicherzustellen, dass außer ihm niemand die Daten einsehen kann. 

Kosten des Home-Office

Neben den zu beachtenden Bestimmungen stellt sich die Frage, wer die durch Home-Office anfallenden Kosten trägt. Üblicherweise stellt der Arbeitgeber die im Home-Office genutzten Arbeitsmittel zur Verfügung. Daneben fallen jedoch noch weiteren Kosten – wenn auch nicht im besonderen Umfang – an. Hierzu zählen unter anderem Strom- und Wasserkosten, Kosten für Internet und Telefonie oder etwa erhöhte Heizkosten des Arbeitnehmers. Sofern dem Arbeitnehmer im Home-Office zusätzliche Kosten, ggf. auch durch Nutzung eigener Gegenstände (Computer, Stifte usw.), entstehen, steht ihm ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Arbeitgeber zu.

Denkbar ist es, die Kosten im Rahmen einer Vereinbarung zum Home-Office pauschaliert zu regeln. Bei einer Home-Office-Tätigkeit von wenigen Tagen im Monat kommt es in Betracht, davon auszugehen, dass mit der Vergütung die etwaigen Kosten – die dann sehr gering sein sollten – als abgegolten anzusehen sind.

Beendigung und Rückkehr aus dem Home-Office

Empfehlenswert ist rechtzeitig eine Vereinbarung zu treffen, aufgrund derer die Tätigkeit im Home-Office auch wieder beendet werden kann. Neben einer möglichen Befristung kommt auch ein Widerrufsrecht des Arbeitgebers in Betracht. Bei einer solchen Regelung muss allerdings sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer absehen kann, zu wann er mit einem Widerruf rechnen muss. Zudem sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass der Arbeitnehmer auch während einer Home-Office-Phase im Betrieb erscheint, wenn dies betrieblich erforderlich ist und es dem Arbeitnehmer unter Abwägung aller Interessen zumutbar ist.

Was sollte unter anderem geregelt werden?

·      Voraussetzungen für Home-Office

·      Dauer und Umfang

·      Ausgestaltung des Arbeitsplatzes

·      Betriebsmittel

·      Rückruf bzw. Widerruf

·      Datenschutz

·      Kosten

·      Haftung bei Schädigung von Betriebsmitteln

Fazit

Die Arbeit im Home-Office bietet für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in diesen außergewöhnlichen Zeiten die Möglichkeit, auf die stark veränderten Umstände der Außenwelt zu reagieren. Allerdings gilt es dabei auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Aspekte zu achten. Um Konflikte zu vermeiden, empfiehlt es sich für Arbeitgeber, verbindliche Vereinbarungen zur Durchführung von Home-Office mit Arbeitnehmern oder dem Betriebsrat zu treffen. Auch wenn diese außergewöhnlichen Zeiten in vielerlei Hinsicht ein gesteigertes Maß an Rücksichtnahme und Miteinander erfordern, sollte die Arbeit im Home-Office unter Berücksichtigung des geltenden Rechts ausgestaltet werden. Früher oder später erfolgt eine Rückkehr in die Normalität. Spätesten dann sollte auch das viel praktizierte Home-Office im Sinne aller und zur Vermeidung unnötiger Streitigkeiten hinreichend geregelt sein bzw. werden.

Dr. Paul Brummer

Dr. Paul Brummer ist spezialisiert auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen, Bonusplänen, auf Wettbewerbsverbote und Auflösungsvereinbarungen sowie betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen.

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