Der Bundestag hat in der letzten Woche zu sehr später Stunde
einen Gesetzentwurf beraten, mit welchem europäische Vorgaben für einen
besseren und vor allem umfangreicheren Schutz von Geschäftsgeheimnissen
umgesetzt werden sollen (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie
(EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb
sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung- BT-DRS. 19/4724). Die
Umsetzungsfrist für die EU-Richtlinie ist bereits im Sommer abgelaufen, das
Gesetz soll zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Auch für Arbeitsrechtler ist der Gesetzentwurf der
Bundesregierung von Relevanz. Geschäftsgeheimnisse fallen unter arbeitsvertragliche
Verschwiegenheitspflichten und ihre Weitergabe kann eine Kündigung
rechtfertigen. Geschäftsgeheimnisse können den sachlichen Geltungsbereich nachvertraglicher
Wettbewerbsverbote konkretisieren und dürfen gleichzeitig nicht zu allgemein
gehalten sein, um keine unangemessene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit
darzustellen.
Aktuell wird an den Begriff des „Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisses” im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG angeknüpft. Definiert ist
der Begriff dort allerdings nicht. Nach der Rechtsprechung des BAG liegt ein
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vor, wenn Tatsachen nur einem eng begrenzten
Personenkreis bekannt und daher nicht offenkundig sind, nach dem Willen des
Arbeitgebers geheim gehalten werden sollen und an welchen er ein
Geheimhaltungsinteresse hat.
In dem Gesetzentwurf wird nun erstmals das
Geschäftsgeheimnis gesetzlich definiert. Die Unterscheidung zwischen Betriebs-
und Geschäftsgeheimnissen wird aufgehoben und es wird künftig einheitlich von
Geschäftsgeheimnissen gesprochen. Dabei muss es sich um eine Information
handeln, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung
ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser
Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich
und daher von wirtschaftlichem Wert ist. Die Information muss zudem Gegenstand
von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren
rechtmäßigen Inhaber sein.
Wesentliche Neuerungen bei der Frage, ob ein Geschäftsgeheimnis
vorliegt, wird es also nicht geben. Die Information darf weiterhin nicht
offenkundig sein und auch bisher schon sollte der Geheimhaltungswille des
Arbeitgebers durch das Ergreifen von Schutzmaßnahmen, wie etwa die Klassifizierung
von Unterlagen als „vertraulich“, nach außen erkennbar sein. Diesen
Geheimhaltungsmaßnahmen wird künftig allerdings noch mehr Bedeutung zukommen,
zumal dieses Merkmal im Streitfall vom Arbeitgeber zu beweisen ist.
Kritik an der neuen Definition kommt unter anderem von
Seiten der Gewerkschaften, die eine Schwächung der Mitbestimmung befürchten.
Mit dem Verzicht auf ein objektiv nachprüfbares Geheimhaltungsbedürfnis, habe
es der Arbeitgeber in der Hand, Informationen als geheim zu deklarieren mit der
Folge, dass der Betriebsrat diese nicht ohne Angst vor Sanktionen an die
Belegschaft weitergeben dürfe.
Weitere Kritik der Gewerkschaft setzt an einem
unzureichenden Schutz von Whistleblowern durch die im Gesetzentwurf vorgesehen
Rechtfertigungstatbestände an. Auch aus diesem Grund ist der Gesetzentwurf aus
arbeitsrechtlicher Sicht von Bedeutung. Erstmals erfährt hier das sogenannte
Whistleblowing eine gesetzliche Regelung.
Die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisse soll gerechtfertigt sein, wenn damit eine rechtwidrige Handlung oder ein berufliches oder sonstiges Fehlverhalten aufgedeckt wird. Voraussetzung ist, dass die Person (der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin) in der Absicht handelt, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Diese subjektive Absicht wird in einem Prozess vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen sein. Aus Sicht der Gewerkschaften stellt dies ein zu hohes Risiko für Arbeitnehmer dar, aus Sicht der Arbeitgeber wäre es wünschenswert, wenn es konkrete Vorgaben für die Definition sonstigen Fehlverhaltens sowie einen Vorrang für interne Meldungen gäbe, ähnlich den bereits bestehenden gesetzlich vorgeschriebenen Meldesystemen in der Finanzbranche.
Aus den Debattenbeiträgen im Parlament ist zu schließen, dass noch mit Änderungen an dem Gesetzentwurf gerechnet werden kann. Aufgrund der bereits abgelaufenen Umsetzungsfrist werden diese wohl nicht allzu lange auf sich warten lassen.