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Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

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Datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Pre-Employment-Screenings

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Einführung

Vor der Auswahl von Bewerbern führen Arbeitgeber immer häufiger eigenständig Nachforschungen, sogenannte Pre-Employment-Screenings oder Background-Checks, durch. Dabei handelt es sich um die Überprüfung des Hintergrunds eines oder mehrerer Kandidaten. Im Rahmen dieses Background-Checks werden regelmäßig unter anderem die Identität des Bewerbers, die Beteiligung an im Wettbewerb stehenden Unternehmen, die Präsenz auf Social Media und die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Prüfung unterzogen. Meist dient das Pre-Employment-Screening dem Schutz des Unternehmens (Know-How, Eigentum etc.) und erfüllt Compliance-Anforderungen. 

Eigenständige Nachforschungen sind in anderen Ländern an der Tagesordnung. In Deutschland wird nicht bestritten, dass Arbeitgeber beim Schutz des Unternehmens schützenswerte Interessen verfolgen, es wird jedoch regelmäßig die Frage aufgeworfen, inwieweit die Verarbeitung der Daten des Bewerbers im Rahmen dieser Nachforschungen zulässig ist. Hier gilt es, die Datenschutz-Compliance im Blick zu behalten.

Grundsatz

Jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss auf eine Erlaubnisnorm gestützt werden können. Für die Verarbeitung von Bewerberdaten kommen sowohl eine wirksame Einwilligung des Bewerbers als auch gesetzliche Erlaubnistatbestände in Betracht. 

Einwilligung in die Verarbeitung von Bewerberdaten?

Die datenschutzrechtliche Einwilligung ist in Art. 4 Nr. 11 DS-GVO und Art. 7 DS-GVO geregelt. Um wirksam zu sein, muss die Einwilligung freiwillig, in informierter Weise, unmissverständlich und für einen bestimmten Fall erteilt werden (Art. 4 Nr. 11 DS-GVO). Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen gehen gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO zu Lasten des Verantwortlichen für die Datenverarbeitung. Im Kontext der Verarbeitung von Bewerberdaten ist die Freiwilligkeit der Einwilligung kaum anzunehmen. Zwar gibt es keine eindeutigen gesetzlichen Vorgaben unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung als freiwillig erteilt gilt. Jedoch bietet die DS-GVO Anhaltspunkte dafür in ihren Erwägungsgründen (EG) 42 und 43 sowie in Art. 7 Abs. 4 DS-GVO.

Die Einwilligung in die Datenverarbeitung ist nach EG 42 DS-GVO nur dann als freiwillig anzusehen, wenn die betroffene Person eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden. EG 43 DS-GVO regelt, dass die Einwilligung bei Bestehen eines klaren Ungleichgewichts ungültig ist, wenn in Anbetracht aller Umstände im Einzelfall unwahrscheinlich ist, dass die Einwilligung freiwillig erteilt wurde. 

Bewerber befinden sich regelmäßig in einer Drucksituation. Anders als im laufenden Arbeitsverhältnis bestehen kaum Schutzvorschriften zu ihren Gunsten. Sie sind stark auf das Wohlwollen des potenziellen Arbeitgebers angewiesen. Die Freiwilligkeit im Rechtssinn ist daher in der Regel nicht anzunehmen. Im Übrigen verbietet Art. 7 Abs. 4 DS-GVO sogenannte Koppelungsgeschäfte: Die Einwilligung kann nicht als Rechtfertigung für die Datenverarbeitung dienen, wenn sie zur Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrags gemacht wird. 

Daher empfiehlt es sich, die Datenverarbeitung im Rahmen eines Background-Checks nicht auf eine Einwilligung, sondern auf einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand zu stützen.

Gesetzliche Grundlage zur Verarbeitung von Bewerberdaten

Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO bildet einen Erlaubnistatbestand für die Datenverarbeitung. Es ist aufgrund des Urteils des EuGH vom 30. März 2023 in der Rechtssache C-34/21 davon auszugehen, dass § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG, die entsprechende Grundlage nach deutschem Recht, nicht europarechtskonform ist. Aufgrund der Gleichartigkeit beider Erlaubnisnormen ist es aber unerheblich, auf welche der beiden Erlaubnisnormen die Verarbeitung gestützt wird. In beiden Fällen muss der Verantwortliche mit der Verarbeitung ein legitimes Ziel verfolgen und die Verarbeitung muss zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Das legitime Ziel, das mit der Durchführung eines Pre-Employment-Screenings verfolgt wird, muss der Arbeitgeber formulieren und begründen können. Ein berechtigtes Interesse besteht etwa daran, die fachliche Eignung, berufliche Erfahrung und die Zuverlässigkeit von Bewerbern zu überprüfen, die sich auf Stellen bewerben, deren Inhaber Zugang zu besonders schützenswerten Informationen erhalten, Einfluss auf strategische Entscheidungen haben oder bedeutend für die Aufrechterhaltung der Informationssicherheit sind.

Geeignet zur Erreichung dieses Ziels ist jede Verarbeitung von Daten, die einen Schluss auf die fachliche Eignung, Erfahrung und Zuverlässigkeit des Bewerbers zulassen. Erforderlich ist die Verarbeitung, wenn es keine gleich wirksamen, aber weniger stark in das Persönlichkeitsrecht der Bewerber eingreifenden Mittel gibt. In diesem Zusammenhang ist an die Direkterhebung der Daten bei den Bewerbern zu denken, die aber teils nicht gleich wirksam ist. So können Bewerber Dinge verschweigen oder auch falsche Angaben machen. Selbst die Vorlage gefälschter Zeugnisse oder sonstiger Qualifikationsnachweise kommt in der Praxis vor. Der Arbeitgeber hat also auch im Falle der Direkterhebung ein Interesse daran, die Richtigkeit der gemachten Angaben zu überprüfen. Die Angemessenheit richtet sich nach dem Grad des Interesses an der Verarbeitung der jeweiligen Information und dem Gewicht des Persönlichkeitsrechts des Bewerbers. Allgemein lässt sich aber festhalten, dass der Arbeitgeber alles erfahren darf, was er im Zuge der Besetzung der Stelle berechtigterweise erfahren möchte.

Information der Bewerber nach Art. 13, 14 DS-GVO

Die Datenverarbeitung muss nicht nur gerechtfertigt sein, sondern auch transparent. Das Prinzip der Transparenz durchzieht die DS-GVO. Die Bewerber sind gemäß Art. 13, 14 DS-GVO vor der Datenverarbeitung zu informieren. Abs. 1 der Normen enthält jeweils Pflichtangaben, Abs. 2 enthält Angaben, die nur erteilt werden müssen, soweit sie erforderlich sind. Dies ist jedoch in der Regel der Fall. Führt ein Dienstleister das Pre-Employment-Screening durch, ist die Information dahingehend zu ergänzen. Befindet sich der Dienstleister in einem Drittstaat, muss das EU-rechtliche Datenschutzniveau gewahrt werden. Hierzu muss entweder ein Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission nach Art. 45 DS-GVO vorliegen, wie es unter anderem für das Vereinigte Königreich und eingeschränkt für Kanada der Fall ist, oder der Verarbeiter muss geeignete Garantien gemäß Art. 46 DS-GVO vorsehen.

Folgende Informationen sind zu erteilen:

  • der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters,
  • zusätzlich die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten,
  • die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung,
  • die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten,
  • die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden,
  • das Bestehen eines Rechts auf Auskunft über die betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrechts gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf Datenübertragbarkeit,
  • wenn die Verarbeitung auf einer Einwilligung beruht, über das Recht, die Einwilligung jederzeit mit Wirkung ab dem Widerruf zu widerrufen,
  • ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob eine Pflicht des Bewerbers zur Bereitstellung der Daten besteht und welche möglichen Folgen die Nichtbereitstellung hätte und
  • das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling.

Nur im Hinblick auf die personenbezogenen Daten, die bei Dritten erhoben werden, muss informiert werden über:

  • die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden, 
  • wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f Ds-GVO beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden und
  • aus welchen Quellen die personenbezogenen Daten stammen und gegebenenfalls, ob sie aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen.

Zudem muss auf das Widerspruchsrecht aus Art. 21 DS-GVO hingewiesen werden.

Beispiele für Datenverarbeitung im Rahmen eines Pre-Employment-Screenings

Jedes Informationsbegehren des Arbeitgebers muss einem rechtlich geschützten Interesse entspringen, das das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers im Einzelfall überwiegen muss. Gerade bei intensiven Eingriffen lassen sich hierzu keine pauschalen Aussagen treffen. Die Rechtfertigung des Eingriffs hängt maßgeblich von den Anforderungen an die zu besetzende Stelle ab.

Vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall lässt sich abstrakt sagen, dass die folgenden Informationen grundsätzlich im Zuge der Besetzung einer sensiblen Stelle erhoben werden dürfen:

Die Stammdaten des Bewerbers, insbesondere die Kontaktdaten, dürfen verarbeitet werden. Es ist weiterhin zulässig, Daten über die Ausbildung, den Werdegang, die Weiterbildung und tätigkeitsrelevante Kenntnisse zu verarbeiten. Ebenfalls zulässig ist die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit und Echtheit von entsprechenden Zeugnissen.

Darüber hinaus ist es zulässig, Interessenkonflikte abzuklären, soweit der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran hat, die Stelle mit einer Person zu besetzen, die frei von Interessenskonflikten ist. Hierzu kann die Frage nach Nebentätigkeiten bei einem Wettbewerber ebenso wie die nach einer maßgeblichen Unternehmensbeteiligung an einem Konkurrenten gehören.

Schwieriger zu rechtfertigen sind beispielsweise Fragen nach den Vermögensverhältnissen oder nach früheren Verstößen gegen Strafgesetze im Bereich der Vermögensdelikte und der Wirtschaftskriminalität. Hier muss der Arbeitgeber sehr gut begründen können, weshalb er diese sensiblen Informationen erlangen möchte.

Ähnliches gilt für die Recherche in sozialen Netzwerken. Überwiegend wird hier zwischen beruflich orientierten Netzwerken und freizeitorientierten Netzwerken unterschieden. Dies wird damit begründet, dass der Bewerber Daten in beruflich orientierten Netzwerken entsprechend aufbereite und bereitstelle, damit potenzielle Arbeitgeber auf ihn aufmerksam werden. An einer Datenerhebung in freizeitorientierten sozialen Netzwerken wird der Arbeitgeber jedoch in der Regel kein schützenswertes Interesse haben.

Risiko von Schadensersatzforderungen und Bußgeldern

Erhebt der Arbeitgeber Daten, ohne dies mit einem überwiegenden geschützten Interesse rechtfertigen zu können, wäre die Verarbeitung unzulässig. Es drohen Schadensersatzansprüche des Bewerbers nach Art. 82 DS-GVO sowie Maßnahmen der Aufsichtsbehörden bis hin zu Bußgeldern nach Art. 83 DS-GVO.

Fazit

Der Arbeitgeber darf aus rechtlicher Sicht alle Daten verarbeiten, die erforderlich sind, um die Stelle mit dem bestgeeigneten Kandidaten besetzen zu können. Bei der Bestimmung dessen, was erforderlich ist, muss jedoch mit Augenmaß agiert werden. Wenig intensive Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers sind grundsätzlich möglich, wenn sie dazu dienen, entscheidungserhebliche Informationen zu erlangen. Bei schwerwiegenderen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht muss gut begründet werden können, weshalb das Informationsinteresse des Arbeitgebers das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers im Hinblick auf das fragliche Datum überwiegt. Die Argumentation des Arbeitgebers muss sich dabei auf das konkrete Stellenprofil beziehen.

Dr. Michael Witteler
Dr. Michael Witteler

Dr. Michael Witteler ist spezialisiert auf datenschutzrechtliche Angelegenheiten an der Schnittstelle von Arbeitsrecht und Datenschutz. Er ist Head der PWWL Practice Group Data & Privacy.

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