Kann einem dauerhaft im
Ausland tätigen Arbeitnehmer eigentlich auch ohne Anhörung des Betriebsrats
wirksam gekündigt werden? Darüber hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 24.
Mai 2018 unter dem Aktenzeichen 2 AZR 54/18 zu entscheiden. Und die Antwortet
lautet wie so oft: Es kommt darauf an!
Grund genug, sich einmal die
aktuelle Rechtslage vor Augen zu führen. In besagtem Fall war die Arbeitgeberin
Teil eines international tätigen Konzerns mit Sitz in Schottland, wobei die
Arbeitgeberin auch einen Betrieb in Deutschland unterhielt. Für die
Anwendbarkeit der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften ist zunächst die
Eröffnung des räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches des
Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zu prüfen.
In räumlicher Hinsicht beschränkt sich die Anwendbarkeit des BetrVG nach dem sog. Territorialprinzip auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Vorschriften des Gesetzes gelten also nur für inländische Betriebe; die Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers oder der Sitz des Arbeitgebers spielen keine Rolle. Weil es sich bei den Bestimmungen des BetrVG um zwingende Vorschriften handelt, hat es für die Geltung des BetrVG auch keinen Einfluss, ob die Arbeitsvertragsparteien die Geltung deutschen oder ausländischen Rechts vereinbart haben.
Für jeden Arbeitnehmer
einzeln zu beurteilen ist allerdings die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereichs des BetrVG. Dabei kann der
persönliche Geltungsbereich des BetrVG nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag
oder Betriebsvereinbarung erweitert oder eingeschränkt werden.
Nach Ansicht des BAG werden nur solche im Ausland tätigen Mitarbeiter erfasst, bei deren Tätigkeit es sich um eine „Ausstrahlung“ des Inlandsbetriebes handelt. Hierzu ist zwingend eine Beziehung zum Inlandsbetrieb nötig, welche es rechtfertigt, die Auslandstätigkeit der im Inland entfalteten Betriebstätigkeit zuzurechnen. Eine solche Ausstrahlung liegt bei einer ständigen Beschäftigung im Ausland regelmäßig nicht vor. Damit das BetrVG dennoch für einen dauerhaft im Ausland tätigen Arbeitnehmer Anwendung findet, muss dieser weiterhin in die inländische Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sein. Hierfür ist kennzeichnend, dass er hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Inhalt der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht von Personen unterliegt, die in der im Inland gelegenen Betriebsstätte tätig sind – dies gilt auch im Falle einer Auslandstätigkeit. Ein Inlandsbezug kann sich also daraus ergeben, dass das Direktionsrecht gegenüber dem im Ausland tätigen Arbeitnehmer vom inländischen Betrieb aus ausgeübt wird. Regelmäßig ist das zum Beispiel bei Außendienstmitarbeitern der Fall, wie beispielsweise Monteuren, da diese üblicherweise trotz einer verstetigten Arbeitsstätte im Ausland weiterhin in die Arbeitsorganisation des inländischen Betriebes eingegliedert sind. Dagegen reicht es regelmäßig nicht aus, dass dem Inlandsbetrieb nur die Personalverwaltung obliegt. Hier trägt der Arbeitnehmer insgesamt die Beweislast für den Inlandsbezug.
Eine zwischen den Parteien vertraglich geregelte
„Rückholoption“ des Arbeitnehmers kann laut BAG höchstens ein Indiz für
Betriebszugehörigkeit sein. Das Gewicht dieses Indizes hängt im konkreten Fall
davon ab, ob z.B. nur eine vorübergehende oder auch eine dauerhafte
Inlandsverwendung des Arbeitnehmers zulässig sein soll und ob das Rückrufrecht
auch praktische Bedeutung hat sowie konkret genug ausgestaltet ist.
Für die Praxis heißt das für
Arbeitgeber, dass der Betriebsrat jedenfalls dann angehört werden sollte, wenn
die oben genannten Kriterien erfüllt sind und ein entsprechendes Weisungsrecht
für den Arbeitnehmer tatsächlich besteht. Dabei sollte stets eine sorgfältige Einzelfallbetrachtung
erfolgen, um eine Unwirksamkeit der Kündigung zu vermeiden.