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Auf die richtige Reihenfolge kommt es an – Zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vor Ausspruch einer Kündigung

Mann sitzt ratlos mit Händen am Kopf vor Laptop

(Arbeitsgericht Hagen, Urteil vom 6. März 2018 – 5 Ca 1902/17)

Nach der Neufassung des § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX (bis 31. Dezember 2017: § 95 Abs.2 S. 3 SGB IX) stellte sich in der Praxis die Frage, wann die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Verfahren vor Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Mitarbeiter zu erfolgen hat. Während die Beteiligung des Betriebsrates sowohl vor der Antragstellung beim Integrationsamt als auch nach erteilter Zustimmung erfolgen kann, fehlte es in Bezug auf die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bisher an gesetzlichen Regelungen oder Vorgaben der Rechtsprechung.

Mit seinem Urteil vom 6. März 2018 hat das Arbeitsgericht Hagen nunmehr zu dieser Frage Stellung genommen und drei wesentliche Feststellungen getroffen:

  • Die Pflicht zur Anhörung der Schwerbehindertenvertretung besteht bei allen Kündigungen und damit auch bei Änderungskündigungen schwerbehinderter oder gleichgestellter Arbeitnehmer.
  • Die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX hat vor dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt zu erfolgen. Dies leitet die Rechtsprechung aus dem Erfordernis der „unverzüglichen und umfassenden“ Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung ab. Ferner sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber seine Willensbildung bereits abgeschlossen habe, sobald der Antrag auf Zustimmung beim Integrationsamt gestellt sei. Dann aber könne der Zweck der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung – die Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers – nur bei einer vorherigen Beteiligung erreicht werden.
  • Eine vor Antragsstellung unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung kann nicht nachgeholt werden. § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX nehme lediglich S. 1 in Bezug, so dass eine solche Heilung ausgeschlossen sei. Eine nachträgliche Anhörung könne zudem wiederum den Zweck der Beteiligung – die Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers – nicht sicherstellen. Der Fehler könne daher nur dadurch korrigiert werden, dass der Arbeitgeber den Antrag zurücknimmt und nach ordnungsgemäßer Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung einen erneuten Antrag stellt.

Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung eine erste Richtschnur zur Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens bei Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Mitarbeiter. Gleichzeitig fehlt es weiterhin an ausdrücklichen Fristenregelungen wie sie etwa für die Beteiligung des Betriebsrates vorgesehen sind.

Derzeit kann daher nur empfohlen werden, vor der Antragstellung beim Integrationsamt die Schwerbehindertenvertretung über die beabsichtigte Kündigung zu unterrichten und dieser ausdrücklich eine den Fristen des § 102 BetrVG entsprechende Rückmeldefrist zu setzen. Ferner sollte der Hinweis aufgenommen werden, dass nach Ablauf der Frist ohne Eingang einer Rückmeldung davon ausgegangen werde, dass keine Stellungnahme erfolgen solle.

Britta Alscher

Britta Alscher ist spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen zu Compliance-Themen und die rechtlichen Aspekte des betrieblichen Gesundheitsmanagements.

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