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Anspruch auf Raucherpausen?

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Ist das Abschaffen von Raucherpausen einseitig möglich?

Raucherpausen sind in vielen Betrieben in Deutschland gelebte und geliebte Praxis – zumindest bei den Rauchern. Die Nichtraucher fühlen sich hingegen häufig schlechter behandelt, wenn die Raucher ständig in eine bezahlte Pause gehen dürfen. Denn regelmäßig wird toleriert, dass Arbeitnehmer während der bezahlten Arbeitszeit Raucherpausen einlegen dürfen, ohne auszustempeln oder diese Zeiten nachzuarbeiten. Doch was passiert eigentlich, wenn der Arbeitgeber diese Praxis ändern möchte? Geht das einfach so? Regelmäßig lautet die Antwort: Ja!

Betriebliche Übung und der Wandel sozial tolerierter Verhaltensweisen

Die entscheidende Frage ist hier immer, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlte Raucherpausen hat. Hier wird regelmäßig mit dem Entstehen einer sog. Betrieblichen Übung argumentiert. In einer etwas älteren Entscheidung setzte sich das Landesarbeitsgericht Nürnberg mit exakt dieser Frage auseinander (LAG Nürnberg vom 05. November 2015 – 5 Sa 58/15) und entschied zu Gunsten des Arbeitgebers. Das Gericht verneinte eine betriebliche Übung und somit einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Raucherpausen unter Fortzahlung der Vergütung. Neben der rechtlich nachvollziehbaren Argumentation schwingt in dieser Entscheidung auch der Versuch mit, den Arbeitgeber nicht an überholte soziale Gepflogenheiten zu binden. So beispielsweise im Fall der Raucherpausen, die aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht zu unterstützen sind, lange Zeit aber weitgehend toleriert wurden.

Voraussetzungen für das Entstehen einer betrieblichen Übung

Durch eine betriebliche Übung kann der Arbeitnehmer einen durchsetzbaren Anspruch erwerben. Voraussetzung für das Entstehen einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung gleichförmiger Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Auf einen ausdrücklichen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers kommt es hierbei gerade nicht an. Maßgeblich ist allein, ob die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Rechtsbindungswillen des Arbeitgebers schließen durften.

Ist eine betriebliche Übung einmal entstanden, kann sich der Arbeitgeber von dieser ebenso wenig einseitig trennen, wie von einer ausdrücklich vereinbarten Vertragsänderung. D.h., die Lösung von der betrieblichen Übung durch den Arbeitgeber ist anschließend kaum möglich; im Wesentlichen nur durch Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung. Beides in der Regel unrealistische Möglichkeiten.

Keine betriebliche Übung durch die Vergütung von Raucherpausen nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg

Das Landesarbeitsgericht ist hier zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass entsprechende Raucherpausen keine betriebliche Übung begründen. Eine solche scheitert bereits daran, dass kein gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers vorliegt. Da die Raucherpausen pro Arbeitnehmer unterschiedlich häufig und unterschiedlich lange genommen wurden und arbeitgeberseitig keine Höchstgrenzen vorgegeben waren, lag gerade kein gleichförmiges Gewähren eines bestimmbaren Vorteils für die Arbeitnehmer vor. Gegen das Entstehen einer betrieblichen Übung spricht hier daher bereits die fehlende arbeitgeberseitige Kenntnis über die Lage und Dauer der genommenen Raucherpausen.

Ungleichbehandlung von Rauchern und Nichtrauchern und allgemein bekannte Gesundheitsgefahren des Rauchens

Die Ungleichbehandlung von Rauchern mit bezahlten Raucherpausen und Nichtrauchern ohne diese Vergünstigung soll nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts für den Arbeitnehmer ebenfalls erkennbar gegen einen arbeitgeberseitigen Bindungswillen sprechen. Aber auch eine Analyse der Konformität des Arbeitgeberverhaltens mit aktuellen Empfehlungen zum Gesundheitsschutz wird dem Arbeitnehmer zugetraut. Es sei allgemein bekannt, dass Rauchen der Gesundheit abträglich ist. Der Arbeitnehmer könne nicht davon ausgehen, dass sein Arbeitgeber durch die Gewährung vergüteter Raucherpausen Anreize schaffen möchte, die dem Gesundheitsschutz entgegenstehen. Dem Landesarbeitsgericht zufolge hindert sogar bereits dieser letzte Punkt für sich genommen die Entstehung einer betrieblichen Übung, was allerdings durchaus zweifelhaft erscheint.

Betriebliche Übung und sozial tolerierte Verhaltensweisen

Das Bestreben, betriebliche Übungen einzudämmen und sozial tolerierte, aber von Arbeitgeberseite nicht ausdrücklich gestattete, Verhaltensweisen auszunehmen, ist nachvollziehbar und richtig. Gerade zumal diese Toleranz einem zeitlichen Wandel unterliegen kann, wie in dem Fall der Raucherpausen. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat hierzu mögliche Auswege zutreffend erkannt und lässt insgesamt die Motivation erkennen, den Arbeitgeber nicht über die Grundsätze zur betrieblichen Übung an sozial toleriertes Verhalten zu binden.

Diese Entscheidung ist begrüßenswert. Denn in die Kategorie des „nur arbeitgeberseitig tolerierten Verhaltens“ fallen auch andere übliche, aber von Arbeitgeberseite nicht ausdrücklich gestattete Verhaltensweisen wie z.B. die Pausenzeiten für private Telefongespräche und die private Internetnutzung oder die allseits beliebte Kaffeepause. Auch hier wird der zeitliche Rahmen regelmäßig nicht erfasst und es ist dem Arbeitgeber somit gar nicht bekannt, welche Arbeitnehmer in welchem Umfang Pausenzeiten nehmen. Es kann aber weder gewollt noch sinnvoll sein, diesem regelmäßig als sozialadäquat tolerierten Verhalten direkt den Status eines vertraglichen Anspruchs zu verleihen.

Dr. Falko Daub, LL.M. (VUW)

Dr. Falko Daub ist spezialisiert auf die Begleitung komplexer Transaktionen und Restrukturierungen, die Beratung im Schnittfeld von Insolvenz und Arbeitsrecht sowie auf die Beratung zu Fragen der Organhaftung.

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