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Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

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Neulich… beim Nachsinnen über die Relevanz von Störungen

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Um 7:45 Uhr befand ich mich nicht wie sonst gerade erst auf dem Weg zur S-Bahnhaltestelle Warschauer Straße, sondern war schon zu Fuß fast bis zur Jannowitzbrücke gelaufen. Wir kennen das ja alle, in Berlin muss man mehrmals im Jahr mit Störungen rechnen: Notarzt- und Polizeieinsätze, Streiks, technische Defekte uvm. Am Abend zuvor hatte ich mich also aufgrund bereits angekündigter Störungen dazu entschlossen, einfach zu gehen. Ich war mir sicher, dass die Fahrt im Berliner Ersatzverkehr bestimmt nicht in einem amüsant-interessanten Gespräch mit einem Professor enden würde, so wie dies Thomas Wahlig im Deutsche Bahn-Ersatzzug erlebt hatte. Die Gehzeit stellte ich mir deutlich angenehmer vor, da mich ein kompliziertes Umsteigesystem aus Bus, S-Bahn und dann wieder Bus mit Hunderten von Menschen in einen Waggon oder Ersatzbus gequetscht, erst in 1 bis 1 ½ Stunden (normal: 10 Minuten) ans Ziel gebracht hätte.

Störungen im Alltag. Auch wenn gut begründet und wirklich nötig, mit Störungen können viele von uns nicht umgehen und reagieren mit Frust, Wut und Unzufriedenheit. Sie behindern unseren Ablauf, nehmen uns die Ruhe und wir können sie nicht kontrollieren. Deswegen fühlen wir uns machtlos. Vielleicht könnte eine Störung aber auch eine Chance sein.

An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass es essentiell ist, den Kampf der Bewältigung des Arbeitsweges überhaupt auf sich zu nehmen. Wie auf unserem Blog ausgeführt, sind auch Störungen im Personennahverkehr kein Grund für einen Arbeitnehmer, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Meine Entscheidung, der durch eine Störung ausgelösten Tortur in der S-Bahn zu entgehen und stattdessen den Fußweg zu wählen, hat sich auf jeden Fall mehr als gelohnt. Es bot sich mir ein herrlicher Anblick des Tageserwachens an der Spree. Der Fluss war mit einem leichten Dunst überzogen, der sanfte Sonnenaufgang hüllte die Szenerie in warme Farben, Möwen kreisten über mir und verliehen allem ein Gefühl nordischer Anmut. Die Spree breitete sich wie ein Teppich ewiger Schönheit vor mir aus, der mir den Weg bis zum Ziel, Dorotheenstraße 54, ebnete. Meine Route verlief entlang der Fischerinsel, dem Nikolaiviertel, der Museumsinsel und damit vorbei an den vielen Projekten, die sich im Auf- und Wiederaufbau befinden: das schon gut fortgeschrittene Berliner Schloss, das Projekt „Flussbad Berlin“, der Bau der Verlängerung der Linie U5. Total inspiriert, wach, fit und voller Elan kam ich auf der Arbeit an. Die Störung erwies sich für mich als uneingeschränkter Vorteil. 

Wenn man Pech oder auch Glück hat – eine Sache des Standpunkts also – begegnet man auch auf der Arbeit so manchen Beeinträchtigungen. Unter KollegenInnen gern beklagte Störungen sind: der Drucker streikt, die Kaffeemaschine ist blockiert, eine unvorhergesehene knifflige Aufgabe, die Netzwerkverbindung hakt, das Passwort ist abgelaufen, das Gespräch im Nebenbüro lenkt ab, die martialischen Anfeuerungen des Bootcamp-Leiters im Hinterhof irritieren und belasten zugleich das sportbewusste Gewissen, der Aufzug ist außer Betrieb, Telefonausfall, Bauarbeiten im und am Gebäude etc.

Ich finde, einige Störungen fördern die Dankbarkeit für die Zeiten des reibungslosen Ablaufs und die Personen, die hierfür gegebenenfalls verantwortlich sind. Eventuell könnte man anstatt sich zu ärgern auch versuchen, die Zeit des Ausfalls sinnvoll oder kreativ zu überbrücken, sie sogar zum eigenen Vorteil nutzen. Im Falle von Störungen könnte man eine Sportmatte im Büro für ein paar schnelle Übungen bereithalten, ein Team für ein kurzes Tischtennismatch oder eine Runde am Kickertisch zusammentrommeln, das Gespräch mit KollegInnen zur gegenseitigen Inspiration und für einen konstruktiven Austausch suchen, anderen etwas Gutes tun und Kuchen besorgen oder dem Team Cappuccinos servieren, das Mittagessen oder Kaffeetrinken vorverlegen, einen Stift in die Hand nehmen und mal auf dem Papier und ohne Computer denken, in einem der Fachbücher oder Zeitungen lesen für die es sonst nie Zeit gibt usw. Wichtig ist nur, vorbereitet und entschlossen zu sein, sich nicht aufzuregen oder lähmen zu lassen, dann ist auch eine Störung kein Hindernis, sondern vielleicht eine Chance. Davon zumindest, versuche auch ich selbst mich immer wieder zu überzeugen…

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