Ein
Zerspanungsmechaniker arbeitete bereits seit 1977 in seinem Betrieb. Während
dieser Zeit waren ihm immer wieder halbe Urlaubstage gewährt worden, wenn er
sie spontan brauchte. Seine Begründung dafür war, dass er je nach
Wetterbedingungen und Rebenwachstum kurzfristig auf dem Weingut seiner Familie
aushelfen musste. Nachdem der Betrieb 2015 auf einen neuen Arbeitgeber
übergegangen war, wurden ihm in 2015 noch an 18 Tagen und in 2016 an 13 Tagen
halbe Urlaubstage gewährt. 2017 eröffnete ihm sein Arbeitgeber, ihm künftig
noch höchstens sechs halbe Tage Urlaub pro Jahr zu gewähren. Weitere halbtägige
Urlaubsgewährungen seien ihm wegen der damit verbundenen Zusatzkosten und
Dispositionsprobleme nicht zumutbar. Der Mechaniker wollte daher gerichtlich
feststellen lassen, dass sein Arbeitgeber verpflichtet ist, ihm bis zu zehn
ganze Urlaubstage in halben Tagen zu gewähren – und zwar unabhängig davon, ob
dem betriebliche Gründe entgegenstünden.
Das
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab aber dem Arbeitgeber Recht und
bestätigte die zuvor ergangene Klageabweisung durch das Arbeitsgericht
Heilbronn (LAG Baden-Württemberg vom 6. März 2019 – 4 Sa 73/18).
Der
Mechaniker könne seinen Anspruch schon auf keine gesetzliche Grundlage stützen.
Generell müsse ein Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die
Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, § 7 Abs. 1 Satz 1 erster
Halbsatz BUrlG, und im Grundsatz sei er zur gewünschten Urlaubsgewährung
verpflichtet. Ihm stehe aber ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn der
gewünschten Urlaubsgewährung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche
anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang
verdienen, § 7 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz BUrlG.
Außerdem
sei Urlaub zusammenhängend zu gewähren, § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG. Dem liege die
gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass Urlaub der Erholung zu dienen hat.
Ausgehend davon könne selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers eine Zerstückelung
und Atomisierung des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden.
Eine Urlaubsgewährung von nur Bruchteilen eines Urlaubstags sei ohnehin
gänzlich ausgeschlossen. Damit stehe dem Zerspanungsmechaniker jedenfalls kein
gesetzlicher Anspruch zu, um seine Forderung durchzusetzen.
Möglich sei aber, dass der Arbeitgeber auf sein Leistungsverweigerungsrecht verzichte. Außerdem könnten die Arbeitsvertragsparteien in Bezug auf den übergesetzlichen Urlaub eine von diesen Grundsätzen abweichende Vereinbarung treffen. Eine entsprechende Vereinbarung konnte der Mechaniker aber nicht darlegen. Eine etwaige betriebliche Übung, die letztlich einen Anspruch aufgrund regelmäßiger Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers begründen kann, lag ebenfalls nicht vor. Sie müsse sich zumindest an abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern richten, wogegen sich der Mechaniker darauf berief, ein Einzelfall im Betrieb zu sein. Und auch eine vom Vertrag abweichende Konkretisierung der Urlaubsgewährungspraxis durch langfristige und erkennbar auf eine Vertragsänderung gerichtete Übung konnte der Mechaniker nicht zur Überzeugung des Gerichts vortragen.
Praxistipp: Die Frage, ob Urlaub auch in halben Tagen gewährt werden muss, kommt häufig im Zusammenhang mit Weihnachten und Silvester auf. Viele Arbeitsverträge enthalten keine explizite Regelung dazu, ob Urlaub auch halbtagsweise genommen werden kann, und verweisen „im Übrigen“ auf das Bundesurlaubsgesetz. In der Regel besteht dann keine Pflicht zu halbtagsweiser Urlaubsgewährung. Etwas Anderes kann sich aber aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben.