Awareness Academy –
Für ein respektvolles Miteinander ohne Geschlechterdiskriminierung in Ihrem Unternehmen!
Mehr Informationen finden Sie hier:
Zur Website

PWWL Seminare

Herzlich willkommen!

Im Workplace Blog schreiben wir über Themen aus der Workplace Law und HR Welt: Wir besprechen wichtige Gerichtsentscheidungen, nehmen uns Glaubenssätze vor, geben praktische Tipps und vieles mehr…

Unser Workplace Blog lebt von Ihren Kommentaren und Feedback. In diesem Sinne freuen wir uns auf den Austausch mit Ihnen!

Ihr PWWL-Redaktionsteam

Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

Spotlights

Wie funktioniert eigentlich… ein Arbeitszeugnis?

Mann sitzt ratlos mit Händen am Kopf vor Laptop

Der Erfahrung nach zählt das Verfassen von Arbeitszeugnissen regelmäßig nicht zu den Lieblingsaufgaben des Personalers und Vorgesetzten. Dies hat verschiedene Gründe.

Einerseits hat sich über die Jahre eine aus Sicht des Laien durchaus eigenartige Zeugnissprache entwickelt, für die unzählige Formulierungsbeispiele im Internet kursieren, so dass man sich – ohne das nötige Know-How – nie sicher sein kann, ob das Geschriebene auch tatsächlich das Gewollte widerspiegelt. Andererseits führt die sehr wohlwollende Formulierung von Zeugnissen – gerade wenn diese Rechtsstreitigkeiten entstammen ‑ dazu, dass ihr Wert inzwischen in der Praxis sehr begrenzt ist. Darüber hinaus wird es als lästige Aufgabe empfunden, für ausgeschiedene – möglicherweise unliebsame – Mitarbeiter überhaupt noch Zeit investieren zu müssen.

Es verwundert daher nicht, dass man oftmals in Versuchung ist, den Zeitaufwand für die Zeugniserstellung auf ein Minimum zu reduzieren. Aus der arbeitsrechtlichen Praxis wissen wir, dass häufig alte Zeugnisse als Vorlagen wiederverwendet werden und sich so peinliche Fehler einschleichen können. Dabei ist das Erstellen von Arbeitszeugnissen kein Hexenwerk.

In zwei Beiträgen möchten wir Fragen beleuchten, die uns regelmäßig von Mandanten gestellt werden.  

Kann der Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis fordern?

Grundsätzlich stellt die Erteilung eines Arbeitszeugnisses für den Arbeitgeber eine in § 109 Abs. 1 S. 1 GewO normierte Nebenpflicht dar. Der Arbeitnehmer hat also nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Er hat dabei mindestens Anspruch auf ein einfaches Arbeitszeugnis, kann jedoch auch ein qualifiziertes verlangen.

Fordert der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis, so braucht er hierfür einen erheblichen Grund. Gründe für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses können z.B. eine zu erwartende Kündigung oder aber der Wechsel des Vorgesetzten sein. Der Arbeitnehmer hat ferner einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, wenn das Arbeitsverhältnis über einen längeren Zeitraum ruhend gestellt werden soll oder sich die Tätigkeit erheblich verändert. Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber bei dem Inhalt des Endzeugnisses vom Zwischenzeugnis nur insoweit abweichen darf, wie sich die Bewertung der Leistungen und des Verhaltens nachweislich später ändert.

Wie unterscheidet sich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis von einem einfachen?

Das einfache Arbeitszeugnis enthält lediglich die Mindestangaben mit Art und Dauer der Beschäftigung und den Personalien des Arbeitnehmers. Bei dem einfachen Arbeitszeugnis handelt es sich also eher um einen Nachweis der Beschäftigung, eine Art Bescheinigung. Im angloamerikanischen Raum wird man selten Zeugnisse finden, die über diesen Inhalt hinausgehen. Umgekehrt kommt in der deutschen Praxis diese Art des Arbeitszeugnisses nur sehr selten vor.

In einem qualifizierten Arbeitszeugnis muss der Arbeitgeber über den Inhalt eines einfachen Zeugnisses hinaus auf die Aufgaben, die Arbeitsleistung und das Verhalten des Arbeitnehmers eingehen. Die Leistungsbeurteilung des Arbeitnehmers beinhaltet dabei die Arbeitsbefähigung, die Arbeitsbereitschaft, den Arbeitserfolg und die Arbeitsweise. Das Zeugnis muss eine zusammenfassende Beurteilung enthalten, die sich üblicherweise in einer Schlussnote ausdrückt. Bei der Bewertung werden grundsätzlich die Noten sehr gut bis mangelhaft vergeben. Bei der Beurteilung des Verhaltens ist allein auf das Verhalten im Arbeitsverhältnis gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden, Behörden und Geschäftspartnern abzustellen. Außerdienstliches Verhalten hat außer Betracht zu bleiben.

Welche allgemeinen Grundsätze sind bei der Formulierung des Arbeitszeugnisses zu beachten?

Das Arbeitszeugnis muss sowohl wohlwollend als auch wahrheitsgemäß formuliert werden und darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt erschweren.

Was aber, wenn es sich um einen unliebsamen Mitarbeiter handelt?

Eine negative Beurteilung ist immer dann zulässig, wenn sie für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses charakteristisch war. Die Beurteilung muss der Wahrheit entsprechen und alle Tatsachen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung von Bedeutung sind. Weiterhin müssen die Formulierungen klar und verständlich sein.

Unzulässig sind geheime Merkmale und Formulierungen, durch die der Arbeitnehmer anders beurteilt werden soll, als es im Zeugniswortlaut zum Ausdruck kommt. Ebenso unzulässig ist es, Ereignisse und Erwähnungen auszulassen, die für die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens von Bedeutung sind. Ob ein Zeugnis einen unzulässigen Geheimcode enthält, lässt sich nicht anhand einer isolierten Formulierung feststellen. Vielmehr prüfen die Gerichte stets den Gesamtzusammenhang, um zu vermeiden, dass einzelne Formulierungen überbewertet werden.

Einen Anspruch auf eine Dankesformulierung und gute Wünsche hat der Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG grundsätzlich nicht. Jedoch wird dies von einigen Instanzgerichten anders gesehen, die im Fehlen einer solchen Formulierung bereits eine Leistungsabwertung erkennen wollen. Zur Vermeidung von Streit empfiehlt sich daher in der Praxis eine entsprechende Schlussformulierung.

Kann die Note des Arbeitszeugnisses vorher festgelegt werden?

Um einen zeit- und kostenaufwendigen Rechtsstreit über den Inhalt und die Form des Arbeitszeugnisses zu verhindern, bietet ein Vergleich die Möglichkeit, Regelungen zu Form oder Inhalt des Arbeitszeugnisses verbindlich festzusetzen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Zeugnisnote und/oder bestimmte Formulierungen zum Gegenstand eines Vergleichs werden oder aber ein im Vorfeld von den Parteien abgestimmter Zeugnisentwurf Eingang in den Vergleichstext findet. Nur das letztgenannte Vorgehen vermeidet tatsächlich einen (weiteren) Streit, denn in allen anderen Fällen wird zwar die Zeugnisnote festgelegt, über den genauen Inhalt des Zeugnisses, Auswirkungen der Wahrheitspflicht etc. wird man sich jedoch trefflich in einem weiteren Gerichtsverfahren streiten können.

Verena Braeckeler-Kogel
Verena Braeckeler-Kogel, MAES (Basel)

Verena Braeckeler-Kogel ist spezialisiert auf internationales Arbeitsrecht, Restrukturierungen, Betriebsschließungen und -verlegungen sowie auf Betriebsübergänge, mit einer besonderen Expertise in den Branchen Finanzen, Banken und Versicherung.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments