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Urteilsanmerkung zu BAG v. 27.02.2019 – 10 AZR 340/18 – Auskunftspflicht und Karenzentschädigung

Richter klopft mit Hammer

Die Entscheidung des BAG setzt sich mit dem Umfang der Auskunftspflicht bei selbständiger Tätigkeit im Rahmen einer Karenzentschädigung auseinander.

Der Kläger ist ein ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten. Im Arbeitsvertrag war ein einjähriges nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Zahlung einer Karenzentschädigung geregelt. Der Kläger hatte dieses Wettbewerbsverbot durch Einschaltung einer Tarnfirma und seiner Ehefrau als “Strohfrau” verletzt, was die Beklagte erstinstanzlich jedoch nicht beweisen konnte, sodass sie vor dem LAG Schleswig-Holstein verurteilt wurde, an den Kläger die Karenzentschädigung auszubezahlen. Zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs hatte der Kläger nach § 74c Abs. 2 HGB seine Einkommenssteuererklärung vorgelegt. Die Beklagte hatte widerklagend verlangt, dass der Kläger zur Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtet wird, was erstinstanzlich jedoch abgelehnt worden war.

Das BAG wertete dies anders und verurteilte den Kläger zur Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung.

Sinn der Karenzentschädigung sei es, die Nachteile auszugleichen, die durch die Einschränkung der Erwerbschancen in Folge des bestehenden Wettbewerbsverbots bestehen. Der einstige Arbeitnehmer muss sich den Verdienst anrechnen lassen, den er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Hat sich der einstige Arbeitnehmer selbständig gemacht, besteht eine Auskunftspflicht gegenüber dem früheren Arbeitgeber nach § 74c Abs. 2 HGB. Grundsätzlich genügt die Vorlage des Einkommensteuerbescheids als Nachweis. Im hier vorliegenden Fall könne die Vorlage und Erläuterung einer Gewinn- und Verlustrechnung indes verlangt werden, da der Kläger bei seiner Steuererklärung ersichtlich unrichtige Angaben gemacht habe (Verschweigen der Strohfrau-Einkünfte). Die Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung sei dem Kläger daher zumutbar, da ein hinreichender Anlass dafür bestehe, den Angaben des Klägers zu misstrauen. Der frühere Arbeitgeber sei für die Berechnung einer Karenzentschädigung auf eine wahrheitsgemäße Auskunft des Arbeitnehmers angewiesen.

Diese Entscheidung des BAG stärkt die Position des Arbeitgebers, den die in der Praxis oftmals schwer zu erfüllenden Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Anrechnung anderweitiger Bezüge auf die Karenzentschädigung trifft. Grundsätzlich muss sich der frühere Arbeitgeber mit der Vorlage des Einkommensteuerbescheids zufrieden geben, jedoch kann die Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung verlangt werden, wenn der einstige Arbeitnehmer versucht, Gewinne zu verschleiern. Unklar bleibt, welche Anforderungen an den Nachweis eines Versuchs der Verschleierung von Einkünften zu stellen sind.

Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen, da es interessengerecht ist, den Arbeitnehmer zu verpflichten, die Gewinn- und Verlustrechnung offenzulegen, wenn der Verdacht der Verschleierung besteht, da es eine verlässliche Möglichkeit des Arbeitgebers geben muss, die Angaben des einstigen Arbeitnehmers zu kontrollieren. In der Praxis ist es zur Vorbeugung späterer Streitigkeiten ratsam, bereits vorab vertraglich die bestehende Auskunftsverpflichtung zu konkretisieren.    

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