Nachdem die Bundesregierung bereits am 15.04.2020 erste Maßnahmen beschlossen hat, um die bisher bestehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beschränkungen langsam aber schrittweise zu lockern, hat am 16.04.2020 nun auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zusammen mit dem Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Dr. Stefan Hussy, neue Standards für den Arbeitsschutz in Zeiten der Pandemie verkündet. Diese enthalten einheitliche, klare und verbindliche Regeln für alle Arbeitgeber, um eine erneute exponentielle Ausbreitung des Virus zu verhindern. Gleichzeitig soll den Menschen, die nach und nach ihre Arbeit wieder aufnehmen, auch die notwendige Sicherheit am Arbeitsplatz geboten werden. Dr. Stefan Hussy sicherte dabei auch kleineren Betrieben seine Unterstützung zu, denen es beispielsweise nicht möglich ist, auf eigene unternehmensinterne Spezialisten für Arbeitssicherheit zurückzugreifen. So werden die Unfallversicherungsträger in den kommenden Tagen die allgemeinen Regeln noch um ergänzende branchenspezifische Informationen und Beratungsmöglichkeiten ergänzen.
Nach wie vor gilt nach den Standards, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten möglichst die Arbeit im Home-Office ermöglichen sollen. Ist dies aber aufgrund der Tätigkeit nicht oder zumindest nicht über einen längeren Zeitraum sinnvoll und möglich, hat der Arbeitnehmer einer Anweisung des Arbeitgebers wieder vor Ort zu arbeiten Folge zu leisten. Ein (gesetzlicher) Anspruch auf Home-Office besteht, soweit einzelvertraglich nichts anderes geregelt ist, also auch weiterhin nicht.
Im Gegenzug hat der Arbeitgeber aber gewisse Schutzmaßnahmen für seine Beschäftigten zu treffen. Dies folgt bereits aus seiner allgemeinen Fürsorgepflicht für die Arbeitnehmer, die sich u.a. aus § 618 BGB ergibt und beispielsweise durch das Arbeitsschutzgesetzt (ArbSchG) konkretisiert wird.
Nach dem Arbeitsschutzgesetz hat der Arbeitgeber stets die Pflicht, Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu beurteilen und danach entsprechend Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Wie diese Schutzmaßnahmen aktuell in Bezug auf die Eindämmung von Covid-19 auszusehen haben, dafür hat der Bundesarbeitsminister nun Eckpunkte vorgelegt:
- Wie bereits im öffentlichen Bereich ist auch am Arbeitsplatz verpflichtend, dass der Sicherheitsabstand von 1,50 m eingehalten wird. Dazu sollen Zugangsregelungen festgelegt, sowie Absperrungen und Markierungen genutzt werden. Ist ein solcher Mindestabstand aufgrund der Tätigkeit nicht möglich, hat der Arbeitgeber Nase-Mund-Bedeckungen zur Verfügung zu stellen.
- Damit im Zusammenhang steht auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, dafür Sorge zu tragen, dass seine Beschäftigten möglichst wenig direkten Kontakt untereinander haben. Dies kann durch z.B. Entzerrung von Präsenzzeiten im Büro, sowie regelmäßige Schichtwechsel erfolgen.
- Personen mit typischen Symptomen für Covid-19 sollen umgehend den Arbeitsplatz verlassen und zu Hause bleiben, bis ein möglicher Verdacht ärztlich abgeklärt ist. Der Arbeitgeber hat dabei mit den örtlichen Gesundheitsbehörden zu kooperieren, um im Fall der Bestätigung eines Verdachtsfalls diese zu informieren und weitere mögliche infizierte Personen identifizieren und isolieren zu können.
- Daneben hat der Arbeitgeber Waschgelegenheiten bzw. Desinfektionsspender zur Verfügung zu stellen, um die richtige Handhygiene zu ermöglichen. Auch kürzere Reinigungsintervalle für gemeinsame Räumlichkeiten und Arbeitsmittel sind vorzusehen.
- Risikogruppen hat der Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen besonders zu schützen.
Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen darf nicht vergessen werden, dass der Arbeitgeber selbstverständlich auch weiterhin arbeitsrechtlichen Spielregeln bei der Einführung dieser Maßnahmen unterliegt, seien sie vertraglicher Natur gegenüber den individuellen Arbeitnehmern aber auch kollektivrechtlicher Art.
In Betrieben mit Betriebsrat ist zu beachten, dass der Betriebsrat bei Regelungen zum Gesundheitsschutz ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat und damit in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen ist. Begleitet werden können die Maßnahmen auch durch den Betriebsarzt oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Bei allen Regelungen ist es zudem sinnvoll, sie zunächst zeitlich zu befristen, und nach einer gewissen Dauer auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. So können die Maßnahmen an die geänderte bundesweite und/oder aktuelle Situation im eigenen Betrieb flexibel angepasst werden.