Um in der Corona-Krise arbeitsfähig zu bleiben, haben die Unternehmen ihren Mitarbeitern sehr weitreichend die Möglichkeit einer Tätigkeit im Homeoffice bzw. zu mobiler Arbeit eingeräumt. Aber auch nach einer Entspannung der pandemischen Lage wird der Anteil mobiler Arbeit oder hybrider Arbeitsmodelle erheblich bleiben. Studien zeigen, dass 20 bis 30 % der Arbeitnehmer den Wunsch haben, dauerhaft ganz oder teilweise außerhalb des Betriebs zu arbeiten. Nach der Phase des ersten Krisenmanagements und der Improvisation werden sich die unterschiedlichen Modelle mobiler Arbeit daher weiter etablieren.
Mit dieser Entwicklung einhergehen wird auch eine Neubestimmung der vertraglichen Konditionen mobiler Arbeit. Zu Beginn der Krise konnten vielfach nur die notwendigsten Anpassungen der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen erfolgen. Zukünftig wird mobile Arbeit regulärer Gegenstand der Vertragsverhandlungen sein. Schon jetzt gibt es bei der Ausschreibung von Positionen eine sehr unterschiedliche Resonanz, je nachdem, ob die Option mobiler Arbeit angeboten wird oder nicht. Zugleich stehen die Arbeitgeber vor der Notwendigkeit, ihre Organisation den neuen Arbeitsmodellen dauerhaft anzupassen und benötigen ihrerseits hierfür eine verlässliche vertragliche Grundlage.
Wenig beachtet wurde bisher, dass zu den verhandelbaren Konditionen mobiler Arbeit auch die Vergütung der Arbeitnehmer gehört. Allenfalls ein Anspruch auf Aufwendungsersatz, etwa für die Einrichtung eines Homeoffice, war Gegenstand der Vereinbarungen. Das Gehalt dagegen wurde im Zusammenhang mit mobiler Arbeit nicht thematisiert. Auch dies wird sich ändern.
Rechtlicher Rahmen
Hinsichtlich der Vergütung herrscht im Arbeitsverhältnis Vertragsfreiheit. Die Parteien können Parameter und Höhe der Vergütung des Arbeitnehmers fast beliebig gestalten. Grenzen ziehen lediglich das Mindestlohngesetz und der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Eine Diskriminierung im Sinne des AGG ist bei Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungsregeln einerseits für Arbeit im Betrieb und andererseits für mobile Arbeit schwer vorstellbar. Denn die in § 1 AGG aufgeführten Diskriminierungsmerkmale, Geschlecht, Alter etc., sind hierdurch nicht angesprochen. Auch eine indirekte Diskriminierung, etwa weil mobile Arbeit ganz überwiegend von Angehörigen eines Geschlechts oder einer Altersgruppe ausgeübt würde, dürfte kaum in Betracht kommen.
Einschränkungen für Vergütungsvereinbarungen könnten sich darüber hinaus aus kollektivrechtlichen Normen ergeben, namentlich aus Tarifverträgen. Soweit ersichtlich, sind für den Bereich der mobilen Arbeit aber bisher keine Vergütungstarifverträge abgeschlossen worden. Einzige Grenze ist damit, dass die Vergütung im Homeoffice selbstverständlich nicht die allgemeine tarifliche Vergütung unterschreiten darf.
Rechtlich steht es den Parteien des Arbeitsvertrages also weitestgehend frei, die Vergütung zu erhöhen oder zu reduzieren, je nachdem, ob der Arbeitnehmer im Betrieb tätig ist oder mobil.
Ändern könnte sich dies, wenn in Zukunft ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice oder mobile Arbeit eingeführt würde. Bekanntlich bemüht sich der Bundesarbeitsminister derzeit erneut um einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice, obwohl dies im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen ist. Sollte ein solcher eingeführt werden, wäre etwa eine geringere Vergütung für eine Tätigkeit im Homeoffice wohl nicht mehr zulässig. Denn die Arbeitnehmer würden hierdurch bei der Geltendmachung eines gesetzlichen Anspruchs benachteiligt. Zudem wäre es nicht überraschend, wenn der Gesetzgeber im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Homeoffice auch einen speziellen Diskriminierungsschutz schaffen würde, vergleichbar demjenigen für Arbeitnehmer in Teilzeit und in befristeten Arbeitsverhältnissen. Derzeit lässt eine gesetzliche Regelung aber noch auf sich warten.
Mehr oder weniger Vergütung für mobile Arbeit?
Die Bestimmung der Höhe der Vergütung einerseits für eine Tätigkeit im Betrieb und andererseits im Homeoffice bzw. mobil ist damit im Wesentlichen dem Markt überlassen. Welche Faktoren dabei dominieren werden, ist noch nicht vollständig absehbar.
Im vergangenen Jahr haben namhafte Tech-Unternehmen im Vereinigten Königreich und in den USA ihre Mitarbeiter nach einer längeren Zeit vollbezahlter Tätigkeit im Homeoffice vor die Wahl gestellt: Entweder eine Rückkehr in den Betrieb oder eine Fortsetzung der Tätigkeit im Homeoffice – dann jedoch für eine um 10 bis 25 % reduzierte Vergütung. Zur Begründung wurde auf die oftmals geringeren Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmer hingewiesen, die fernab des Unternehmenssitzes wohnen. Ein noch wichtigeres Motiv dürfte allerdings der Wunsch der Unternehmen gewesen sein, jedenfalls einen Teil der Mitarbeiter vor Ort einsetzen zu können. Umgekehrt haben die Mitarbeiter ihrerseits oftmals Interesse an einer mindestens teilweise mobilen Arbeit. Dementsprechend werden sie bereit sein, finanzielle Zugeständnisse zu machen. Daraus ist jedenfalls eine Tendenz ablesbar, dass zukünftige Vergütungsmodelle eine Tätigkeit im Betrieb höher honorieren werden als eine mobile Arbeit. Möglicherweise werden jedenfalls Unternehmen bestimmter Branchen ihren Arbeitnehmern die gestiegene Erwartungshaltung hinsichtlich mobiler Arbeit regelrecht abkaufen müssen. Immerhin stehen dem gegenüber auch Einsparmöglichkeiten der Unternehmen. Die Unternehmen können durch eine höhere Quote mobiler Arbeit etwa ihre Büroflächen reduzieren und auch geringeren Aufwand für die betriebliche Infrastruktur insgesamt haben. Auch Kostenreduzierungen durch eine geringere Zahl von Dienstwagen sind vorstellbar. Dementsprechend sind auch finanzielle Anreize für eine Arbeit außerhalb des Betriebs denkbar.
Auch wenn damit noch keine klare Prognose möglich ist, welche Vergütungsmodelle sich für welche Arbeitsformen durchsetzen werden, ist doch sicher, dass die Vergütung zukünftig Bestandteil der Vertragsverhandlungen über mobile Arbeit sein wird.
Arbeitsrechtliche Umsetzung
Die Einführung neuer Vergütungsmodelle für mobile Arbeit wird sich im Regelfall durch individualrechtliche Vereinbarungen, nämlich durch Abschluss eines neuen oder Änderung eines bestehenden Arbeitsvertrages vollziehen.
Eine einseitige Durchsetzung durch den Arbeitgeber im Wege einer Änderungskündigung kommt demgegenüber nicht in Betracht. Auch die Änderungskündigung gem. § 2 KSchG unterliegt der gesetzlichen Kontrolle auf ihre soziale Rechtfertigung. Sie muss also durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse gedeckt sein. Solche Gründe sind für eine Änderung der Vergütung in der Praxis nicht darstellbar.
Regelungen zur mobilen Arbeit sind in den vergangenen zwei Jahren vielfach als Betriebsvereinbarungen gestaltet worden. Bestimmungen zur Vergütung sind dabei, soweit ersichtlich, aber nicht vereinbart worden und würden auch die Kompetenz der Betriebsparteien überschreiten. Gem. § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.
In Betracht kommt dagegen eine Gestaltung der Vergütung mobiler Arbeit auch durch Tarifverträge. Erste tarifliche Regelungen zur mobilen Arbeit allgemein sind in den vergangenen Jahren bereits abgeschlossen worden. Es bleibt abzuwarten, ob die Tarifparteien sich auch der Frage einer zwischen betrieblicher und mobiler Arbeit differenzierenden Vergütung zuwenden werden. Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit solcher tariflicher Regelungen sind nicht ersichtlich.
Ausblick
Mobile Arbeit wird sich weiter in der Arbeitswelt etablieren. Damit werden auch neue Vergütungsmodelle entstehen, die der Veränderung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen Rechnung tragen.