Nachdem
der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in diesem Jahr bereits seine
bisherige Rechtsprechung zum unbezahlten Sonderurlaub (besser bekannt als
Sabbatical) geändert hatte (vgl. Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 406/17; Urteil
vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 315/17), entwickelte er seine Rechtsprechung zum
Urlaubsanspruch im Bereich Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Entscheidung
vom 24.09.2019 (Az. 9 AZR 481/18) fort:
Was ist eigentlich
Altersteilzeit im Blockmodell?
Vereinfacht
ausgedrückt ist Altersteilzeit ein Modell der Arbeitszeitreduzierung vor der
Rente. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es mehrere. In der Praxis am gängigsten
ist das sogenannte Blockmodell. Das Blockmodell besteht aus einer aktiven
Phase, in der der Arbeitnehmer arbeitet, und einer passiven Phase, in der der
Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht vergütet freigestellt wird. Das
Arbeitsverhältnis besteht bis zum Ende der Freistellungsphase fort. Mit dem
Ende der Passivphase folgt üblicherweise der Eintritt in die Rente.
Das
BAG musste sich kürzlich in einem Fall mit der Frage befassen, wie sich die
Freistellungsphase der Altersteilzeit und der Urlaubsanspruch eines
Arbeitnehmers zueinander verhalten.
Was war der Hintergrund
der Entscheidung?
Der
klagende Arbeitnehmer und der beklagte Arbeitgeber schlossen einen
Altersteilzeitvertrag. Nach dem vereinbarten Blockmodell war der Arbeitnehmer
vom 01.12.2014 bis zum 31.03.2016 zur vollen Arbeitsleistung verpflichtet. Vom 01.04.2016
bis zum 31.07.2017 war dieser von seiner Arbeitsleistung vergütet freigestellt.
Laut Arbeitsvertrag hatte der Arbeitnehmer 30 Urlaubstage pro Kalenderjahr. Für
das Kalenderjahr 2016 gewährte ihm der Arbeitgeber anteilig acht Tage
Erholungsurlaub. Weiterer Urlaub wurde nicht gewährt. Nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses am 31.07.2017 erhielt der Arbeitnehmer auch keine
Urlaubsabgeltung. Der Arbeitnehmer vertrat sodann den Standpunkt, dass ihm für
die Freistellungsphase der Altersteilzeit noch ein Anspruch auf 52 Urlaubstage,
nämlich anteilig 22 Urlaubstage für das Kalenderjahr 2016 und volle 30
Urlaubstage für das Kalenderjahr 2017, zustünde, die der Arbeitgeber nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten habe. Hauptargument des
Arbeitnehmers war, dass einzige Voraussetzung für das Entstehen des
Urlaubsanspruchs ein bestehendes Arbeitsverhältnis sei. In der Freistellungsphase
der Altersteilzeit bestehe das Arbeitsverhältnis ja gerade fort. Daher klagte
der Arbeitnehmer auf Zahlung.
Was ist
die Ansicht des BAG?
Das
BAG wies mit Urteil vom 24.09.2019 (Az. 9 AZR 481/18) die Klage des
Arbeitnehmers ab. Nach Ansicht der Richter stand dem Arbeitnehmer kein Anspruch
auf Zahlung der geltend gemachten Urlaubsabgeltung zu. Die Richter folgten mit
ihrer Entscheidung den Vorinstanzen (Arbeitsgericht Essen vom 08.08.2018 – 1 Ca
2868/17 und Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 13.07.2018 – 6 Sa 272/18).
Gemäß der Pressemitteilung (Nr. 30/19 – Die Urteilsgründe liegen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vor.) bedient sich der 9. Senat bei der Begründung seiner Entscheidung den von ihm im März 2019 zum Urlaubsanspruch bei einem Sabbatical aufgestellten Grundsätzen. Demnach sei die Anzahl der Urlaubstage anhand des Arbeitsrhythmus des Arbeitnehmers, das heißt anhand der Anzahl der regelmäßigen Arbeitstage, zu berechnen. Nur so könne eine für alle Arbeitnehmer gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet werden. Während der Freistellungsphase der Altersteilzeit ist der Arbeitnehmer von der Erbringung seiner Arbeitspflicht vollumfänglich freigestellt, das heißt er ist an „null“ Tagen zur Arbeit verpflichtet. Berechne man also die Anzahl der Urlaubstage anhand des Arbeitsrhythmus des Arbeitnehmers, bestünde für die Freistellungsphase der Altersteilzeit ein Urlaubsanspruch in Höhe von „null“ Urlaubstagen, wenn die Freistellungsphase das gesamte Kalenderjahr andauert. Wechselt der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr von der Aktiv- in die Passivphase, so sei der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten und der Anzahl der Arbeitstage anteilig zu berechnen. Die vorstehenden Grundsätze gelten sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für einen – in der Praxis üblichen – vertraglich vereinbarten Mehrurlaub, vorausgesetzt es existiert keine abweichende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Dem vorstehenden Ergebnis stünden nach Ansicht der Richter weder gesetzliche Bestimmungen noch Unionsrecht entgegen, da Arbeitnehmer in der Freistellungsphase eines Blockmodells nicht mit solchen Arbeitnehmern gleichzustellen seien, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet hätten.
Was bedeutet die
Entscheidung für Arbeitgeber?
Mit dieser Entscheidung schafft das BAG weiter Klarheit, welche Spielregeln während der Passivphase der Altersteilzeit im Blockmodell gelten und bringt damit auch ein Stück Rechtssicherheit. Insbesondere im Ergebnis ist dem Urteil zuzustimmen. Andernfalls wären Arbeitgeber bei einem Altersteilzeitvertrag mit Blockmodell immer mit Urlaubsabgeltungsansprüchen konfrontiert, da sie keine Möglichkeit hätten, den in der Freistellungsphase entstehenden Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses in natura zu gewähren. Je nach Dauer der Freistellungsphase könnten die finanziellen Auswirkungen für die Arbeitgeber beachtlich sein und Altersteilzeitverträge unattraktiv werden. Spannend bleibt, ob auch der Europäische Gerichtshof die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts teilen oder doch andere Grundsätze aufstellen wird.
Es
ist davon auszugehen, dass das BAG seine vorgenannte Rechtsprechung auch in
einem weiteren Verfahren zum Urlaub während der Freistellungsphase im
Blockmodell, welches derzeit unter dem Aktenzeichen 9 AZR 33/19 rechtshängig
ist, bestätigen wird (Termin: 03.12.2019).