Awareness Academy –
Für ein respektvolles Miteinander ohne Geschlechterdiskriminierung in Ihrem Unternehmen!
Mehr Informationen finden Sie hier:
Zur Website

PWWL Seminare

Herzlich willkommen!

Im Workplace Blog schreiben wir über Themen aus der Workplace Law und HR Welt: Wir besprechen wichtige Gerichtsentscheidungen, nehmen uns Glaubenssätze vor, geben praktische Tipps und vieles mehr…

Unser Workplace Blog lebt von Ihren Kommentaren und Feedback. In diesem Sinne freuen wir uns auf den Austausch mit Ihnen!

Ihr PWWL-Redaktionsteam

Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

Spotlights

Internationale Mitarbeitereinsätze (Entsendung, Workation) – weniger Bürokratie durch Wegfall des Schriftformerfordernisses?

MW_PWWL_AltColor_86

Bei Entsendungen und Workationaufenthalten über vier Wochen müssen die wesentlichen für den Auslandsaufenthalt geltenden Bedingungen nicht mehr wie in der Vergangenheit schriftlich, sondern können aufgrund des Bürokratieentlastungsgesetzes sowie den damit verbundenen Änderungen in § 2 Nachweisgesetz in den meisten Branchen grundsätzlich jetzt auch in Textform abgeschlossen und elektronisch gegen Empfangsnachweis an den Arbeitnehmer übermittelt werden. Nur für die Wirtschaftsbereiche oder Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes bleibt das Schriftformerfordernis bestehen. Hierzu zählen etwa Unternehmen des Baugewerbes, des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes, des Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbes sowie der Fleischwirtschaft. Außerdem können Arbeitnehmer in allen Branchen weiterhin ein schriftliches Dokument verlangen. 

Die grundsätzliche Ermöglichung der Textform ist für die Praxis zu begrüßen, gleichwohl sollte nicht vergessen werden, dass internationale Mitarbeitereinsätze nach wie vor folgende rechtliche und steuerrechtliche Herausforderungen mit sich bringen und damit einhergehend einigen bürokratischen Aufwand für Arbeitgeber bedeuten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf:

  • Visa & Aufenthaltsrecht
  • Anwendbares Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
  • Wechsel der Einkommensteuerpflicht / Betriebsstättenbegründung im Ausland

Die unternehmensinternen Prozesse, Richtlinien/Betriebsvereinbarungen und vertraglichen Regelungen sind so zu gestalten, dass alle rechtlichen sowie steuerrechtlichen Vorgaben eingehalten, entsprechende Dokumente wie Aufenthaltstitel oder sozialversicherungsrechtliche Bestätigungen, wie etwa eine A1-Bescheinigung rechtzeitig vorliegen, etwaige Meldepflichten eingehalten und die Sozialversicherungs- und Steuerabgaben korrekt abgeführt werden. Die vielfach für einen Entsendevertrag oder Vertragszusatz bei Workationaufenthalten über vier Wochen mögliche Textform bringt daher letztlich nur eine geringfügige formale Erleichterung für Arbeitgeber. Es sollte auch nicht vergessen werden, gegebenenfalls (doppelte) Schriftformklauseln in Arbeitsverträgen anzupassen.

Aufenthaltsrecht

Der Arbeitnehmer muss sich in jedem Fall im Ausland legal zu Arbeitszwecken aufhalten dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit nur für Staatsangehörige der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Schweiz bei Einsätzen in der EU sowie dem EWR gilt. Möchten EU- oder EWR-Bürger in der Schweiz arbeiten, ist abgesehen von kurzen Workationaufenthalten ohne Bezug zum Schweizer Arbeitsmarkt eine Aufenthaltsbewilligung erforderlich. Drittstaatenangehörige können nicht ohne weiteres mit ihrem in Deutschland ausgestellten Aufenthaltstitel in anderen EU-Staaten, dem EWR oder der Schweiz beruflich tätig werden. In Drittländern gelten für jedes Land eigene Visa- und Aufenthaltsbedingungen; Verstöße werden sanktioniert.

Anwendbares Arbeitsrecht

Bei vorübergehenden Entsendungen innerhalb der EU / dem EWR gelten in Umsetzung der EU-Entsenderichtlinien die zwingenden Mindestarbeitsbedingungen des Einsatzlandes für Entsendungen bis zu 12 bzw. maximal 18 Monaten, worauf auch hinzuweisen ist. Danach gelten weitere lokale arbeitsrechtliche Vorschriften.

Bei Einsätzen in der Schweiz oder Drittstaaten ergeben sich Anforderungen an den Arbeitsvertrag meist bereits aus dem Aufenthaltsrecht. So ist beispielsweise in den USA oder China bei Einsätzen, die über die Dauer einer Dienstreise hinausgehen, in der Regel ein Vertrag mit einer lokalen Gesellschaft erforderlich, der den landesrechtlichen Vorgaben zu entsprechen hat.

Verlagert sich der gewöhnliche Tätigkeitsort dauerhaft ins Ausland, sollte der Arbeitsvertrag entsprechend den Vorgaben des internationalen Privatrechts auch an die Gesetzgebung des Einsatzlandes angepasst werden.

Sozialversicherungsrecht und Meldungen

Im Sozialversicherungsrecht gilt das Territorialitätsprinzip, d.h. die Sozialversicherungspflicht besteht am Ort der tatsächlichen Tätigkeit, sofern nicht Ausnahmen in Sozialversicherungsrechtsabkommen oder aufgrund besonderer Regeln wie beispielsweise der Ausstrahlung gem. § 4 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgesehen sind. Folglich bedarf es auch für kurze Dienstreisen, Entsendungen oder Workationaufenthalte innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht einer A1-Bescheinigung. Darüber hinaus können auch EU-Posted-Worker-Meldepflichten relevant werden. 

In außereuropäischen Ländern bedarf es oftmals eines sog. „Certificate of Coverage“ bzw. ergänzender privater Versicherungen. Außerdem ist zu klären, ob es nicht im Fall fehlender oder lückenhafter Sozialversicherungsabkommen zum Risiko der Doppelversicherung kommen kann. 

Steuerrecht

In steuerrechtlicher Hinsicht kann es zu einem Wechsel des Besteuerungsrechts entweder nach 183 Tagen im Einsatzland oder bereits ab dem ersten Einsatztag kommen, falls der Arbeitnehmer im Einsatzland seinen Wohnsitz hat und kein Grenzgänger ist oder der Arbeitgeber durch den Mitarbeitereinsatz eine Betriebsstätte im Ausland begründet, die das Gehalt trägt oder zu tragen hat. Von einer Betriebsstätte kann nach den jeweils einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen beispielsweise beim Einsatz von Vertriebsmitarbeitern mit zumindest konkludenter Abschlussvollmacht oder in gewissen Fällen des Organhandelns (Geschäftsleitungsbetriebsstätte) auszugehen sein. Sollte dies der Fall sein, ist sicherzustellen, dass die Registrierung und die Steuerabführung im jeweiligen Land korrekt erfolgen und in Deutschland eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird.  

Fazit

Das Bürokratieentlastungsgesetz hat mit der Ermöglichung der Textform nur eine minimale Entlastung in Sachen bürokratischer Hürden für Auslandseinsätze gebracht. 

Wenn Sie eine rechtliche Überarbeitung Ihrer Entsende- oder Workationrichtlinien bzw. entsprechender Betriebsvereinbarungen oder eine Prüfung Ihrer internen Prozesse wünschen, wenden Sie sich bitte gerne an unsere Expertin Nadja Roß-Kirsch, die über 18 Jahre Berufserfahrung bei der Beratung zu internationalen Mitarbeitereinsätzen verfügt.

Nadja Roß-Kirsch

Nadja Roß-Kirsch ist spezialisiert auf internationale Mitarbeitereinsätze, Drittpersonaleinsatz, Restrukturierungen sowie arbeits- und sozialgerichtliche Prozesse und Betriebsprüfungen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments