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Christine Wahlig (Rechtsanwältin – Redaktionelle Leitung Blog) & Alice Tanke (Marketing Managerin)

Inside Workplace Law

Drohung mit Krankschreibung kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen

Frau und Mann in Streitsituation

Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgebern mit einer Krankschreibung drohen, sind kein ungewöhnliches Phänomen. Der Arbeitgeber büßt nicht nur Arbeitskraft ein, sondern schuldet dann auch noch Entgeltfortzahlung. Daher ist eine Flucht in die Entgeltfortzahlung ein beliebtes Mittel. In solchen Fällen ist es häufig schwierig, Konsequenzen daraus zu ziehen, denn dies ist oft aufwendig und nicht sonderlich erfolgsversprechend für den Arbeitgeber.

Drohung mit Krankschreibung wegen Meinungsverschiedenheiten

Nichtsdestotrotz sind Konsequenzen bis hin zu und einschließlich einer außerordentlichen Kündigung möglich, wenn ein Arbeitnehmer offen eine solche Drohung ausspricht. Die Arbeitnehmerin hatte im vorliegenden Fall mit einer Krankschreibung gedroht, nachdem sie mit ihrem Arbeitgeber keine Einigung über die Zuteilung zur Spätschicht erreichen konnte. Tatsächlich reichte die Arbeitnehmerin für die betreffende Woche eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass, gegenüber der Arbeitnehmerin eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Vor diesem Zwischenfall hatte die Arbeitnehmerin beanstandungsfrei zehn Jahre gearbeitet. Zudem hatte sie zuvor wegen Meinungsverschiedenheiten mit ihren Kollegen bereits selbst gekündigt und arbeitete nur noch bis zum Ablauf ihrer Kündigungsfrist.

Außerordentliche Kündigung ist grundsätzlich möglich

Vorliegend erklärte das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (04.05.2021 – 5 Sa 319/20) die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Obwohl die Arbeitnehmerin durch die Drohung mit einer Krankschreibung im Falle einer Zuteilung zur Spätschicht schwerwiegend gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen hatte, war die Kündigung aufgrund von Einzelfallumständen unwirksam. Versucht ein Arbeitnehmer einen ungerechtfertigten Vorteil durch Drohung gegenüber seinem Arbeitgeber zu erlangen, rechtfertigt dies grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung. Dies gilt insbesondere für die Ankündigung einer Krankschreibung im Falle einer objektiv nicht bestehenden Krankheit. Zeigt ein Arbeitnehmer die grundsätzliche Bereitschaft, das Entgeltfortzahlungsgesetz zu eigenen Zwecken zu missbrauchen, kommt es letztendlich auch nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer (zufällig) tatsächlich erkrankt oder nicht. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es in einem solchen Fall nicht.

Berücksichtigung der Einzelfallumstände

Vorliegend war es dem Arbeitgeber dennoch zumutbar, das Arbeitsverhältnis für einen weiteren Monat bis zum Ausscheiden der Arbeitnehmerin aufgrund ihrer vorherigen Eigenkündigung fortzusetzen. Die Arbeitnehmerin hatte ihre Pflichten zwar schwerwiegend verletzt. Dies war jedoch auch auf ernsthafte Konflikte mit Kollegen zurückzuführen. Unter Berücksichtigung der baldigen Beendigung und der langen Dauer des Arbeitsverhältnisses sah das Gericht keine Wiederholungsgefahr.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Drohungen

Auch wenn das Ergebnis in diesem Fall nicht sonderlich überzeugt, können Arbeitgeber gegen arbeitnehmerseitige Drohungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vorgehen. Vor allem wenn Arbeitnehmer mit einer Krankschreibung drohen, können Arbeitgeber eine (außerordentliche) Kündigung in Betracht ziehen. Hingegen stellt der bloße Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit ohne sonstige Anhaltspunkte vertragswidrigen Verhaltens regelmäßig keinen hinreichenden Kündigungsgrund dar.

Praxishinweis

Eine außerordentliche Kündigung ist möglich, wenn Arbeitnehmer mit einer Krankschreibung drohen. Dennoch müssen, wie immer, die Gesamtumstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Daher sollten Arbeitgeber sämtliche Optionen in Betracht ziehen und prüfen. Arbeitgeber müssen etwaiges Fehlverhalten beweisen, sodass sämtliche Zwischenfälle sorgfältig dokumentiert werden sollten.

Verena Braeckeler-Kogel
Verena Braeckeler-Kogel, MAES (Basel)

Verena Braeckeler-Kogel ist spezialisiert auf internationales Arbeitsrecht, Restrukturierungen, Betriebsschließungen und -verlegungen sowie auf Betriebsübergänge, mit einer besonderen Expertise in den Branchen Finanzen, Banken und Versicherung.

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