Der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine jährt sich heute, am 24. Februar 2025, zum dritten Mal. Seitdem sind insgesamt mehr als 10 Millionen ukrainischstämmige Personen auf der Flucht, wovon mehr als eine Million Menschen den Weg nach Deutschland auf sich genommen haben. Bilder aus den überfüllten Gängen des Berliner Hauptbahnhofs gingen ebenso um die Welt wie die vielen Gesten der Hilfsbereitschaft, die den Menschen aus der Ukraine entgegengebracht wurden. Auch der deutsche Gesetzgeber hat auf die Ausnahmesituation vergleichsweise untypisch reagiert. Bereits die Erteilung der Aufenthaltstitel sollte für die Ausländerbehörden und die Geflüchteten möglichst reibungslos erfolgen können. Die Fortgeltung der bereits erteilten Aufenthaltstitel regelt die Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung, die nun in die Verlängerung geht. Der nachfolgende Beitrag soll die Verordnung kurz einordnen sowie einen Überblick über die wesentlichen Regelungen und mögliche Herausforderungen geben.
I. Hintergrund der Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung
Die Aufnahme der Geflüchteten durch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wurde bereits am 4. März 2022 durch die Feststellung eines sogenannten Massenzustroms von Vertriebenen (Durchführungsbeschluss des Rates der Europäischen Union (EU) 2022/382) gemäß Art. 4 der Richtlinie 2001/55/EG des Rates über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes erleichtert.
Dieser vorübergehende Schutz soll folgenden Personengruppen gewährt werden:
- Ukrainischen Staatsangehörigen, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten und deren Familienangehörige sowie
- Staatenlose oder Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben und deren Familienangehörige.
Während die Geltung der Feststellung des Massenzustroms von Vertriebenen zunächst auf ein Jahr befristet war, wurde dies zwischenzeitlich jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. Es ist zu erwarten, dass die Geltungsdauer den andauernden Kriegshandlungen entsprechend verlängert werden wird.
Als Konsequenz konnten und können die deutschen Ausländerbehörden den aus der Ukraine Geflüchteten bei Erfüllung der Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur Gewährung vorübergehenden Schutzes nach § 24 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilen, anstatt beispielsweise ein komplexes Asylverfahren durchführen zu müssen.
Mittlerweile leben viele der damals Geflüchteten seit fast drei Jahren in Deutschland und gehen hier beispielsweise in den Kindergarten, zur Schule oder einer Erwerbstätigkeit nach. Die deutschen Ausländerbehörden haben insgesamt rund 1,02 Millionen Aufenthaltstitel an ukrainische Geflüchtete erteilt (Stand: Dezember 2024).
II. Regelungsgehalt der Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung
Grundsätzlich müssen alle Inhaber eines befristeten Aufenthaltstitels vor dessen Ablauf die Verlängerung oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragen, um auch weiterhin einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet sicherzustellen. Hierzu müssen Termine zur persönlichen Vorsprache vereinbart werden, die wiederum von Sachbearbeitern der Ausländerbehörden wahrgenommen werden müssen. Angesichts von hohem Personalmangel in den Ausländerbehörden führte dies bereits vor dem 24. Februar 2022 dazu, dass Antragsteller monatelang auf Termine zur persönlichen Vorsprache warten mussten und müssen. Vor diesem Hintergrund sah sich der Bundesgesetzgeber daher zum Handeln gezwungen, um hier möglichst unbürokratisch Abhilfe zu schaffen.
Bereits Ende des Jahres 2023 erließ er daher die, für das deutsche Aufenthaltsrecht durchaus ungewöhnliche, Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung vom 4. Dezember 2023. Deren Geltungsdauer war zunächst – gleichlaufend mit der Geltungsdauer des Durchführungsbeschlusses des Rates der EU – bis zum Ablauf des 4. März 2025 befristet. Nunmehr hat der Bundesgesetzgeber die Geltung der Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung bis zum Ablauf des 4. März 2026 verlängert.
Der wesentliche Regelungsgehalt der übersichtlichen Verordnung findet sich in ihrem § 2. Hiernach gelten nunmehr Aufenthaltserlaubnisse ukrainischer Staatsangehöriger gemäß § 24 Abs. 1 AufenthG, die am 1. Februar 2025 gültig sind, einschließlich ihrer Auflagen und Nebenbestimmungen bis zum 4. März 2026 ohne Verlängerung im Einzelfall fort.
Für Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittstaaten als der Ukraine gilt die Fortgeltung der Aufenthaltserlaubnisse nur, sofern sie
- am 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben,
- Familienangehörige ukrainischer Staatsangehöriger oder Staatenloser und Staatsangehöriger anderer Drittstaaten als der Ukraine sind, die am 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben oder
- sich am 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben.
Die Fortgeltung endet mit einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im Einzelfall oder wenn die Aufenthaltserlaubnis auf Grund der Änderung einer Auflage oder Nebenbestimmung erneut erteilt wird.
Was zunächst als banale Regelung gelesen werden kann, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen doch als bedeutendes Novum. Die Fortgeltung der Aufenthaltserlaubnis „ohne Verlängerung im Einzelfall“ bedeutet nichts anderes, als dass im Regelfall keine Termine mehr zur Verlängerung der Aufenthaltstitel zu vereinbaren und wahrzunehmen sind. Auch entfällt eine erneute Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Verlängerung im Einzelfall noch vorliegen.
Sowohl für die Antragssteller als auch für die Sachbearbeiter in den Ausländerbehörden bedeutet dies – angesichts der insgesamt 1,02 Millionen Aufenthaltstitel, die dem Grunde nach in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen – einen enormen Bürokratieabbau.
Die entsprechende Drucksache des Bundesrates 503/24 vom 11. Oktober 2024 sieht außerdem vor, dass sämtliche deutsche Behörden, z.B. Polizeibehörden, Sozialämter oder Schulämter, über die automatische Fortgeltung informiert werden. Für Reisen in das EU-Ausland, insbesondere aber in Drittstaaten außerhalb der EU sollte sich im Einzelfall jedoch gleichwohl um die Verlängerung des Aufenthaltstitels bei der zuständigen Ausländerbehörde des Wohnortes bemüht werden, um beim Grenzübertritt nicht aufgrund eines Gültigkeitsdatums, das in der Vergangenheit liegt, in Schwierigkeiten zu geraten.
III. Auswirkungen für Arbeitgeber
Generell wird Arbeitgebern empfohlen, Drittstaatsangehörige nur nach sorgfältiger Prüfung des Aufenthaltstitels und der Erlaubnis der Erwerbstätigkeit zu beschäftigen und die Beschäftigung nach Ablauf des bisherigen Aufenthaltstitels auszusetzen, bis ein belastbarer Nachweis über die rechtzeitige und formgerechte Beantragung einer Verlängerung oder ein neuer gültiger Aufenthaltstitel vorgebracht werden kann.
Durch die Fortgeltung der in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Aufenthaltstitel ohne Verlängerung im Einzelfall sollten Arbeitgeber in diesem Fall unter anderem folgende Punkte prüfen:
- Liegt ein Aufenthaltstitel nach § 24 Abs. 1 AufenthG vor?
- Erfüllt dieser die Voraussetzungen des § 2 der Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung, war er insbesondere zum 1. Februar 2025 noch gültig?
Arbeitgeber sollten zur Erfüllung ihrer Dokumentationspflichten nach § 4a Abs. 5 S. 3 Nr. 2 AufenthG jeweils eine Kopie des bestehenden Aufenthaltstitels zur Personalakte nehmen. Der Vollständigkeit halber kann auch die Aufnahme einer Kopie der Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung sinnvoll sein.
Generell minimiert sich durch die Ukraine-Aufenthalts-Fortgeltungsverordnung für Arbeitgeber allerdings das Risiko einer illegalen Beschäftigung von Ausländern mit einem Aufenthaltstitel, der unter die Verordnung fällt, da die Fortgeltung dieser Aufenthaltstitel nun kraft Gesetzes gilt und nicht mehr von einem ordnungs- und fristgemäßen Antrag der Arbeitnehmenden abhängt.