Kryptowährungen wie Bitcoin haben als Spekulations- und Anlagemöglichkeit erhebliche Popularität gewonnen. Start-ups und technikaffine Unternehmen ziehen aber zunehmend auch in Erwägung, ihre Mitarbeiter mit Kryptowährungen zu bezahlen. Hintergrund kann eine Identifikation mit der Blockchain-Technology sein, die Vereinfachung einer grenzüberschreitenden Vergütung oder schlicht die Marktwahrnehmung als modernes Unternehmen.
Aus arbeitsrechtlicher Perspektive stellt sich die Frage, ob und in welchen Grenzen die Bezahlung von Arbeitnehmern mit Kryptowährungen zulässig ist. Während Neuseeland im Jahr 2019 als erstes Land weltweit die vollständige Zahlung des Gehalts in Kryptowährung erlaubte, bestehen in Deutschland nach wie vor erhebliche Hürden:
Geldzahlungsgebot gem. § 107 Abs. 1 GewO
Nach § 107 Abs. 1 GewO ist das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen, sog. Geldzahlungsgebot. Arbeitnehmer sollen davor geschützt werden, fremde Währungen oder Waren erst umtauschen zu müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bei einem Verstoß gegen § 107 Abs. 1 GewO hat die Leistungshandlung des Arbeitgebers keine Erfüllungswirkung und der Arbeitnehmer kann weiterhin seine Vergütung (in Euro) fordern.
Allerdings gilt dies nur für das sog. „Arbeitsentgelt im engeren Sinne“, also Zahlungen des Arbeitgebers, die im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung des Arbeitnehmers stehen. Zulässig ist es daher, Leistungen außerhalb des Gegenseitigkeitsverhältnisses, etwa Treueprämien oder Gratifikationen, in anderen Währungen zu erbringen.
Durch § 107 Abs. 1 GewO zugelassen ist auch eine Entlohnung in der am Arbeitsort anerkannten Währung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 NachwG), etwa bei einer Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers. Kryptowährungen sind bisher jedoch nur in El Salvador als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt; seit September 2021 gilt dort der Bitcoin als Zahlungsmittel. Im Übrigen Ausland ist eine vollständige Auszahlung des Arbeitsentgelts in Kryptowährungen dagegen weiterhin nach § 107 Abs. 1 GewO nicht zulässig.
Kryptowährungen als Sachbezug
Immerhin können Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber die Auszahlung eines Teils des Arbeitsentgelts in Kryptowährungen als Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 GewO vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Obwohl Kryptowährungen keine Sachen im juristischen Sinne sind, werden sie – wie etwa auch Aktienoptionen – den Sachbezügen zugeordnet und entsprechend behandelt. Als Grenze für die Höhe der Sachbezüge ist § 107 Abs. 2 S. 5 GewO zu beachten. Danach darf der vereinbarte Sachbezug den pfändbaren Teil des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Das Arbeitsentgelt ist also mindestens in Höhe des Pfändungsfreibetrags in Euro zu leisten. Die Fachliteratur nimmt teilweise an, dass zusätzlich die Grundsätze für die Zulässigkeit von Widerrufsvorbehalten zu beachten sein sollen. Zur Begrenzung des Risikos, das der Arbeitnehmer aufgrund der Wertschwankungen von Kryptowährungen trägt, soll der in Kryptowährungen ausgezahlte Anteil daher nicht mehr als 25 % der Gesamtvergütung ausmachen dürfen. Jedenfalls in diesem Rahmen ist damit aber auch nach dieser Auffassung eine Vergütung in Kryptowährungen möglich.
Arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
Die Bezahlung von Mitarbeitern mit Kryptowährungen als unmittelbare Gegenleistung für ihre Arbeitsleistung ist damitin zwei Varianten möglich:
Die Parteien vereinbaren, dass ein fester Teil des Gehalts in eine Kryptowährung umgewandelt und neben dem übrigen Gehalt als „Sachbezug“ ausgezahlt wird. Ein bestimmter Betrag des Gehalts fließt dem Arbeitnehmer somit zu dem im Auszahlungszeitpunkt geltenden Kurs in einer Kryptowährung zu. Dadurch vermeidet der Arbeitgeber das Risiko eines schwankenden Wechselkurses und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und der Einkommenssteuer wird vereinfacht, da die Höhe des Bruttogehalts (vor Umwandlung) in Euro feststeht.
Daneben ist auch eine Vereinbarung möglich, dass neben dem Gehalt in Euro eine bestimmte Anzahl von Coins einer Kryptowährung gezahlt wird. Eine solche Vereinbarung bringt für den Arbeitgeber indes das Risiko eines steigenden Kurses der Kryptowährung mit sich, wenn er nicht bereits über die Kryptowährung verfügt oder sich zu (aus seiner Sicht) günstigen Kursen eindeckt.
Beide Varianten müssen die dargestellten Grenzen nach § 107 GewO beachten.
Darüber hinaus kann die Zahlung einer Kryptowährung als zusätzliche Leistung außerhalb der laufenden Vergütung, etwa als Jubiläumszuwendung oder Bonus für die Betriebstreue des Arbeitnehmers, gewährt werden. Hierin liegt dann zwar keine unmittelbare Vergütung als Gegenleistung für die Arbeit des Arbeitnehmers. Die Arbeitsvertragsparteien sind jedoch nicht an die Beschränkungen des § 107 GewO gebunden.
Fazit
Die Digitalisierung eilt dem Regelwerk des Arbeitsrechts voraus. Kryptowährungen können derzeit nur in eingeschränktem Rahmen wirksam als Arbeitsvergütung vereinbart werden. Es ist absehbar, dass sich dies mit einer zunehmenden Etablierung von Kryptowährungen in anderen Bereichen des Wirtschaftslebens ändern wird.