Eine weitgehend im
Innenverhältnis beschränkte Geschäftsführertätigkeit neben 98 anderen Geschäftsführern
und doch kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)?
Bestellung von 247 Geschäftsführern innerhalb von elf Jahren und doch kein Rechtsmissbrauch?
Besteht überhaupt die Möglichkeit für einen Geschäftsführer, sich je auf die
Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu berufen?
Mit diesen Fragen hat sich das
Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 21. September 2017 (Az. 2 AZR 865/16)
auseinandergesetzt.
Für die GmbH-Geschäftsführer als
gesetzliche Vertreter und Organmitglieder der GmbH gelten die Vorschriften des
Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich nicht, § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG. An
diesem Grundsatz ändert sich auch nichts, wenn der Geschäftsführer – wie im
streitgegenständlichen Fall – sein Amt nach Zugang der Kündigung niederlegt;
denn nach dem BAG gelte der Ausschluss vom Kündigungsschutz uneingeschränkt
jedenfalls dann, wenn die Organstellung des Geschäftsführers zum Zeitpunkt der
Kündigung (noch) bestehe. Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn das der
Organstellung zugrunde liegende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis
materiell-rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre, denn § 14
Abs. 1 Nr. 1 KSchG komme auch und gerade in diesen Fällen zum Tragen und schließt
den Geschäftsführer vom Kündigungsschutz aus. Andernfalls wäre diese Vorschrift
bedeutungslos, so das BAG.
Auch das Unionsrecht komme dem
gekündigten Geschäftsführer insoweit nicht zu Gute. Für das deutsche Kündigungsschutzgesetz,
das im Gegensatz zu anderen nationalen Gesetzen, wie z.B. das
Mutterschutzgesetz, keine Umsetzung von europäischen Richtlinien darstellt, sei
allein der nationale Arbeitnehmerbegriff maßgeblich. Die Charta der Grundrechte
der Europäischen Union (Charta) komme ebenfalls nicht zur Anwendung, denn diese
gelte für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts
der Union, Art. 51 Abs. 1 der Charta.
Weitgehende Beschränkungen der
Vertretungsbefugnis des gekündigten Geschäftsführers im Innenverhältnis machen
diesen auch nicht schutzwürdiger als sonstige Geschäftsführer. Denn durch enge
Vorgaben wird die formale Stellung als Organmitglied als solches nicht berührt.
Schließlich sei der Geschäftsführer auch in diesem Fall im Außenverhältnis
weiterhin unbeschränkt vertretungsbefugt (§ 37 Abs. 2 GmbHG). Der
Geschäftsführer sei nicht verpflichtet, unzulässige Weisungen der Gesellschaft
oder unzulässige vertraglich vereinbarte Einschränkungen der
Vertretungsbefugnis zu beachten.
Ferner stelle der Ausschluss der
Organvertreter vom allgemeinen Kündigungsschutz gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1
KSchG keinen Verstoß gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG)
bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Nach dem BAG sei
das Interesse juristischer Personen, die Anstellungsverträge von
Organmitgliedern, die bereits abberufen seien oder abberufen werden sollen,
ohne das Erfordernis einer sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG
schutzwürdig. Die Organmitgliedschaft setze ein besonderes Vertrauen vonseiten
der Gesellschaft voraus, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein
GmbH-Geschäftsführer im Außenverhältnis mit weitreichenden und unbeschränkten
Befugnissen ausgestattet sei. Gerade in dieser mit dem Amt verbundenen
Rechtsstellung liege auch der Sachgrund, der eine eventuelle Ungleichbehandlung
gegenüber leitenden Angestellten rechtfertige.
Zudem sei eine
Unternehmenspraxis, nach der eine Gesellschaft – wie vorliegend die kündigende
GmbH – innerhalb von elf Jahren 247 Geschäftsführer mit Beschränkungen im
Innenverhältnis bestellt habe, nicht treuwidrig im Sinne von § 242 BGB.
Dadurch werde das gesetzliche Institut der Geschäftsführung nicht missbraucht.
Das GmbH-Gesetz sehe mehrgliedrige Organe vor und schließe eine Hierarchie im Innenverhältnis
nicht aus. Vielmehr sei diese Vorgehensweise grundsätzlich Teil der
unternehmerischen Organisationsfreiheit einer Gesellschaft. Gleichwohl stellt
das BAG aber klar, dass eine Bestellung zum Geschäftsführer
rechtsmissbräuchlich sein könne, wenn sie allein mit dem Ziel erfolge, diesen
alsbald entlassen zu können.
Mit diesem Urteil bestätigt das BAG seine bisherige
Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes für
GmbH-Geschäftsführer, so dass auch zukünftig die Kündigung eines
GmbH-Geschäftsführers nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2
KSchG sein muss.